Vom 8. bis 11. November 2023 fand – erneut hybrid organisiert - der 96. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) unter dem Vorsitz von Kongresspräsidentin Pro. Dr. Daniela Berg, Kiel, in Berlin statt. An diesem europaweit größten neurologischen Fachkongress nahmen mehr als 7.200 Neurologinnen und Neurologen aus dem In- und Ausland teil, die sich im Rahmen des diesjährigen Schwerpunktthemas „Neurodegenerative Erkrankungen“ intensiv u.a. zu den neuesten Erkenntnissen und Entwicklungen hinsichtlich der Alzheimer- und der Parkinson-Erkrankung austauschten.
Wir waren dabei und berichten über die Highlights:
Teil 1: Neurodegeneration als Kongressthema
Neurodegenerative Erkrankungen mit dem Fokus auf Morbus Alzheimer und Morbus Parkinson standen im Mittelpunkt des DGN-Kongresses 2023. Dass die Wahl auf dieses Thema gefallen war, schien Kongresspräsidentin Prof. Dr. Daniela Berg, Kiel, naheliegend:
Diese bis dato unheilbaren Erkrankungen nehmen in den letzten Jahren stetig zu, und zwar in einem noch höheren Maße als sich dies durch den demografischen Wandel und die Überalterung der Gesellschaft erklären lässt. Nachdem nur die Minderheit dieser Fälle genetisch erklärbar ist, erhärtet sich auf der Grundlage immer zahlreicher werdender Studien der Verdacht, dass sog. „Lifestyle“-Faktoren und - vor allem hinsichtlich der Parkinson-Erkrankung - Umwelttoxine wie z.B. das Lösungsmittel Trichlorethylen, Pestizide wie Glyphosat, aber auch Feinstaub oder eine niederschwellige Mangan-Exposition bei der Entstehung dieser Erkrankungen eine Rolle spielen. „Hier bedarf es eines gesellschaftlichen Umdenkens, der Einsatz solcher Gifte muss sehr viel restriktiver gehandhabt werden“, appellierte Prof. Berg an die Politik, aber auch an jeden Einzelnen.
Die Zunahme dieser Erkrankungen führe zu einer sozioökonomischen Last und damit zu der Frage, wie dies zukünftig gesellschaftlich gestemmt werden kann, so Berg. Auch wenn nunmehr mit der Antikörper-Therapie ein Durchbruch in der Alzheimer-Therapie gelungen sei, müsse man sich dessen bewusst sein, dass diese Antikörper bislang nur eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufs, nicht aber eine Heilung ermöglichen und entsprechende Therapien mit enormen Kosten verbunden seien.
Umso größere Bedeutung komme daher dem Aspekt der Früherkennung zu, um das Potenzial der möglichen Prävention – insbesondere durch Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichenden Schlaf – voll ausschöpfen zu können. Sowohl bei Morbus Alzheimer als auch bei Morbus Parkinson erfolge die Diagnose noch immer zu spät; entgegen der landläufigen Meinung sind diese Erkrankungen nämlich keineswegs Erkrankungen des hohen Lebensalters: Sie beginnen vielmehr zumeist im mittleren Lebensalter, - Jahre bis Jahrzehnte vor den ersten klinischen Symptomen. Bluttests zur Früherkennung sowohl der Alzheimer- als auch der Parkinson-Erkrankung sind in der Entwicklung und dürften schon bald einen entscheidenden Beitrag leisten, um diese neurodegenerativen Erkrankungen bereits in ihren Frühstadien zu erkennen und durch eine gesunde Lebensweise hinauszuzögern, wenn nicht gar zu verhindern.
© Neurologienetz 2023 | Dr. Christine Thilmann