• Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

    Sacks, Oliver
    rororo 2023, 352 Seiten, € 15.-

    Oliver Sacks berichtet in seinen Geschichten über “Defekte” und “Überschüsse”, womit es ihm gelingt, seine Patienten unter einer neuen, der Medizin eigentlich fremden Perspektive zu betrachten. Von besonderem Interesse sind diese Geschichten insbesondere für neuropsychologisch Interessierte. Den Geschichten folgt jeweils eine Nachschrift, in der die “Fälle” tiefer ergründet und neurologisch erörtert werden. Ein Glossar erläutert medizinische Fachausdrücke.
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  • Das Leben ist ein vorübergehender Zustand

    Gabriele von Arnim
    rororo 2023, 240 Seiten, € 14.-

    Gabriele von Arnim schildert in ihrem literarischen Werk "Das Leben ist ein vorübergehender Zustand" die zehn Jahre, die sie an der Seite ihres Mannes verbrachte, nachdem dieser zwei Schlaganfälle erlitten hatte. Die Autorin blickt hierbei auf das alltägliche Leben mit allen Höhen und Tiefen im Angesicht der Krankheit. Denn, wie kann sie damit umgehen, dass der Mann, den sie eigentlich im Begriff war zu verlassen, jetzt vollkommen von Ihr und Ihrer Bereitschaft sich für ihn aufzuopfern abhängig geworden ist? Sie beschreibt ihre Zerrissenheit zwischen Fürsorge, Anteilnahme und Liebe und emotionaler Überforderung. Denn auch, wenn Ihr Mann jetzt alleine auf sie angewiesen ist, bleiben Konflikte nicht aus. Das Spektrum der Gefühle reicht von Trauer, Verzweiflung aber eben auch hingebungsvoller Liebe bis zu Frustration und Wut. Sie beschreibt die Einsamkeit, die aus der täglichen pflegerischen Herausforderung aber dem sozialen Rückzug ihres Bekanntenkreises resultiert.  Trotz der schonungslosen Darstellung der Krankheit und damit verbundenen Herausforderungen bleibt das Buch doch ein Werk über die Liebe und Menschlichkeit, das gleichzeitig Fragilität des Lebens verdeutlicht.

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  • Wanderlust mit Mister Parkinson

    Pamela Spitz
    Kiepenheuer und Witsch 2021. 282 Seiten, € 18.-

    Frisch geschieden und bereit, ihrem Leben neue Impulse zu geben, erhält Pamela Spitz die Diagnose, an Parkinson erkrankt zu sein. Nach dem ersten Schock beschließt die Autorin, sich auch durch diese Erkrankung nicht unterkriegen zu lassen: Sie lässt ihr altes Leben hinter sich, macht sich frei von Zwängen, unnötigem Konsumverhalten und Gedanken um ihre Karriere. Auch mit dem Verhältnis zu ihrem Körper setzt sie sich auseinander. In dem Wunsch, ein anderes, noch besseres Körpergefühl zu bekommen, entscheidet sie sich, ihr Leben nunmehr ihrer Leidenschaft, dem Wandern, zu widmen, und ist sich dabei bewusst, hier auf lange Sicht mit Einschränkungen rechnen zu müssen. Auf ihren Reisen - unter anderem nach Portugal, Brasilien, Indien, Spanien und Israel - findet sie, weit weg von zu Hause, zu sich selbst. Die ersten sechs Monate ihrer Reise sind dadurch geprägt, dass sie ihrer Erkrankung wortwörtlich davonzulaufen versucht, sich im Verdrängen übt und das Leben in vollen Zügen genießt. In der Folgezeit hingegen zwingt die zunehmende Symptomatik sie, sich mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen. Sie lernt, Wünsche nicht aufzuschieben, sich darüber klar zu werden, was ihr wirklich wichtig ist, und schafft es gleichwohl, mit teilweise kindlicher Unbekümmertheit, das Leben im Hier und Jetzt zu genießen.
    Eine detaillierte Darstellung des Krankheitsbildes der Parkinson-Erkrankung sucht man in diesem Werk vergebens. Vielmehr ermuntert es den Leser dazu, sich von der Last der Diagnose einer solchen Erkrankung frei zu machen, den Lebensmut zu bewahren und eigene Wege zur Bewältigung zu finden. Die Lebensfreude, die sich in den Schilderungen der Autorin, widerspiegelt, macht Mut und gibt Hoffnung! 
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  • Feuer im Kopf – Meine Zeit des Wahnsinns

    Susannah Cahalan
    mvg Verlag 2020, 5. Auflage, 287 Seiten., € 17,99.-

    Susannah, angehende Journalistin einer New Yorker Zeitung, erwacht eines morgens mit der wahnhaften Überzeugung, von einer Wanze gebissen worden zu sein und inmitten einer von Wanzen befallenen Wohnung zu leben. Zu diesem Zeitpunkt ahnt sie noch nicht, dass dies den Auftakt zu einer monatelangen Leidenszeit bildet, in der sie zunehmend die Kontrolle über sich, ihr Gedächtnis und ihr Verhalten verliert. Schlafstörungen, Halluzinationen und Wahnvorstellungen nehmen zu, bis sie letztlich nicht mehr in der Lage ist, Realität und Wahn zu trennen. Die konsultierten Ärzte treffen vorschnell unzutreffende Diagnosen, und Susannahs Zustand verschlechtert sich trotz der verordneten Medikation von Tag zu Tag. Erst der Neurologe Souhel Najjar geht der Sache auf den Grund und ergründet die Ursache der bei der jungen Frau festgestellten Symptome.

    Dieser autobiographische Roman beschreibt eindrücklich die Gefühle, das Erleben und die Ängste, die Susannah Cahalan im Laufe ihrer Leidenszeit durchlebt, und den Umstand, dass nicht nur die Protagonistin, sondern auch ihr soziales Umfeld ohnmächtig erleben müssen, wie die Krankheit von einer Person Besitz ergreift. Im Gegensatz zu den Werken des Neurologen Oliver Sacks schildert dieses Buch die NMDA-Rezeptor Enzephalitis aus Sicht der Betroffenen. Die authentische Erzählung ist so ergreifend, dass sie Pflichtlektüre eines jeden Neurologen sein sollte! Dies zum einen, weil  er das geschilderte  Krankheitsbild nach dem Lesen nie wieder übersehen wird, und zum anderen, weil es ihn lehrt, bei scheinbar offensichtlichen Fällen auf Details zu achten und bei unklaren Fällen diesen mit Neugier auf den Grund zu gehen.
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  • Mit einem Bein bereits im Himmel

    Kai-Uwe Kern
    Hogrefe Verlag 2020, 1. Auflage, 312 Seiten ., € 24,95 .-

    Eine Amputation hat für die Betroffenen schwere Folgen: Sie müssen lernen, ihren Alltag zu meistern und mit ihren teilweise schweren körperlichen Einschränkungen umzugehen. Darüber hinaus können die häufig auftretenden Phantomschmerzen quälen. Doch warum gibt es diese Schmerzen, und wo haben sie ihren Ursprung? Warum kann eine Prothese Phantomschmerzen lindern? Warum können Patienten ihre nicht mehr vorhandene Faust weiterhin gedanklich öffnen und schließen und mit nicht mehr vorhandenen Fingern gedanklich rechnen und Klavier spielen? Warum wird der sogenannte Phantomraum doch noch als dem Körper zugehörig gefühlt? Und was geschieht eigentlich im Gehirn, wenn Areale für Motorik und Sensibilität einer Extremität nicht mehr benötigt werden? Anhand zahlreicher Fallgeschichten, die fast ausnahmslos aus der persönlichen Begegnung mit seinen Patienten stammen, geht der Autor diesen Fragen nach. Die medizinisch ungeheuer spannenden Fallgeschichten stehen den literarischen Schilderungen eines Oliver Sacks, auf den der Autor immer wieder Bezug nimmt, in Empathie und Neugier am Gegenüber in nichts nach.
    Das tiefe Interesse des Autors am Thema Phantomphänomene, die - wie ebenfalls anschaulich erläutert - auch beim Verlust anderer Sinneswahrnehmungen wie der zunehmenden Sehstörung, Hörminderung, bei einer Riechstörung oder sogar nach einer Geburt auftreten können, entnimmt man jeder Zeile dieses Buches. Dabei wird der ein oder andere Leser solche Phantomphänomen in Form des Phantom-Vibrationssyndroms, bei dem das eigene Handy scheinbar vibriert, bereits selbst erlebt haben. Wer über den Tellerrand hinaussehen will und wen die häufig noch unerklärlichen Funktionsweisen des Gehirnes faszinieren, wird große Freude an der Lektüre dieses Werks haben.
    Absolute Leseempfehlung!
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  • Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt

    Franca Parianen
    Rowohlt Polaris 2020, 539 S., € 18.-

     Viele Menschen verbinden mit dem Begriff „Hormone“ lediglich die Sexualität, den weiblichen Zyklus und allenfalls vielleicht noch die Schilddrüsenfunktion. Die Autorin hingegen nimmt den Leser mit auf eine interessante Reise und zeigt auf, dass Hormone nicht nur unseren Sexualtrieb steuern, sondern auch eine Vielzahl an Körperfunktionen regeln und nicht zuletzt unbemerkt die Verbindung zwischen Psyche und Körper steuern. Sie macht deutlich: Oxytocin ist mehr als nur ein „Kuschelhormon“, Testosteron ist nicht nur männlich und Östrogen nicht nur weiblich. Stress kann sich über Cortisol sowohl kurzfristig, als auch langfristig auf Persönlichkeit und Psyche auswirken. Und obwohl die Funktion der Hormone in vielen Bereichen wie z.B. hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gehirnfunktion noch unerforscht ist, werden Hormone als Medikamente unkritisch eingesetzt oder sogar gedankenlos in verschiedenen Verbindungen in die Umwelt eingebracht.
    Mit Witz und Esprit macht Franca Parianen dem Leser die komplexe wissenschaftliche Thematik auf unterhaltsame Weise verständlich. Dabei versäumt sie es nicht, die Rolle der Wissenschaft und deren Forschung zum Thema Hormone insbesondere im Hinblick auf das weibliche Geschlecht in der Konzeption und Durchführung von Studien in den letzten Jahrzehnten kritisch zu beleuchten.
    Ein äußerst lesenswertes unterhaltsames Buch, nicht nur für medizinisch Interessierte!
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  • Alles an seinem Platz

    Oliver Sacks
    Rowohlt 2019, 288 Seiten, € 24.-

    Denkt man an Oliver Sacks, so dürfte man seinen Namen in erster Linie mit seinen Fallgeschichten verknüpfen, durch welche Sacks sicher zum bekanntesten Neurologen der Welt wurde. Dieses - sein letztes - Werk hingegen zeigt ebenso wie seine Memoiren, dass er nicht nur seinen Patienten ein tiefes und ehrliches Interesse entgegenbrachte, sondern dass sich seine Neugier auch auf andere Interessensgebiete erstreckte. Schon als Kind erfreute er sich an Besuchen in den Museen South-Kensingtons, faszinierte sich für die Exponate und ließ sich ausweislich der Darstellung sogar einmal über Nacht im Natural History Museum einschließen, um die dort präsentierten Objekte alleine und in völliger Ruhe betrachten zu können. Darüber hinaus bezeugen die Ausführungen dieses Werks seine Leidenschaft für die Natur in all ihren Facetten, - seien es botanische Gärten, Farne, chemische Elemente oder der direkte Kontakt mit dem Wasser als begeisterter Schwimmer in Seen und Flüssen. Doch auch die berühmten Fallgeschichten finden noch einmal Eingang in dieses Werk: So begibt sich Sacks beispielsweise mit seinem am Tourette-Syndrom erkrankten Freund Lowell Hunter auf eine Reise durch Amerika, um Tourette-Betroffene in ihrem persönlichen Umfeld kennenzulernen. Ob es sich um Psychosen, Prionerkrankungen, Alzheimer oder einen bloßen Schluckauf handelt, immer sieht Sacks nicht nur die Erkrankung, sondern auch den Menschen, der von ihr betroffen ist. In Zeiten der zunehmenden Technologisierung und Rationalisierung der Medizin mag man sich die Bedeutung einer solchen Vorgehensweise durch das Studium seiner Werke bewusst machen.
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  • Warum wir schlafen

    Albrecht Vorster
    Heyne Verlag 2019, 416 S., € 18.-

    Bereits das erste Kapitel “Warum Schnecken und Menschen schlafen“ beginnt so unterhaltsam und gleichzeitig lehrreich, daß es einem schwer fällt das Buch aus der Hand zu legen. Die einzelnen Kapitel handeln die darauf folgenden Themen so kurzweilig ab, daß man das Buch aber auch prima als Bettlektüre nutzen und das Buch in Häppchen genießen kann. Denn schließlich lernt der Leser schnell, daß er sich aus verschiedensten Gründen ausreichend Nachtschlaf gönnen sollte. Schließlich ist der Schlaf nicht nur gesund weil er unser Immunsystem stärkt, das Gehirn erlebt nachts auch eine Gehirnwäsche und hilft dabei erlerntes besser abzuspeichern. Der Autor erläutert zudem welche Krankheiten einem den Schlaf rauben können, diskutiert die Ursache vom nächtlichen Träumen und beleuchtet TV Veränderung des Schlafverhaltens im Verlauf des Lebens. Hierbei werden die Ausführungen durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen „belegt“. Stolpern wird man als Neurologe jedoch unweigerlich über Aussagen wie z.B., dass Schwindel und Tinnitus eine Folge von Zähneknirschen sein sollen. Da das Buch jedoch nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Abhandlung erhebt, trüben solche Kleinigkeiten jedoch nicht das Lesevergnügen.
    Insgesamt gelingt es dem Autor auf unterhaltsame Art und Weise „Licht ins Dunkel“ zu bringen, weshalb unser Fazit lautet: Absolute Leseempfehlung!
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  • Im Traum höre ich Dich spielen

    Lisa Genova
    Bastei Lübbe, 2018, 304 S., € 16,90.-

    Mit „Im Traum höre ich Dich spielen“ gelingt es der Autorin Lisa Genova erneut, ein neurologisches Krankheitsbild, nämlich die Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, professionell in einem Roman aufzuarbeiten:
    Ein Musiker-Ehepaar trennt sich nach einem langen Prozess der Entfremdung, als die einzige Tochter den Kinderschuhen entwächst. Er, Richard, der gefeierte klassische Pianist, der die großen Konzerthäuser der Welt bespielt und zahlreiche Affären pflegt, - sie, Karina, die resignierte Jazzmusikerin, die ihre Karriere zugunsten ihres Ehemannes und zum Wohl der gemeinsamen Tochter Grace hintenangestellt hat und sich nun als Klavierlehrerin in einer Kleinstadt über Wasser hält.
    Abwechselnd beleuchtet die Autorin die Perspektiven dieser beiden Menschen, schildert das Auftreten erster Anzeichen der ALS bei Richard ebenso wie die Reaktion und das Gefühlschaos, in das Karina stürzt, als sie von der Diagnose der tödlichen und zerstörerischen Erkrankung ihres doch so verhassten Ex-Ehemannes erfährt. Mit brutal offenen Detailschilderungen und gänzlich ungeschönt werden die Stadien der ALS dargestellt, eingebettet in eine gleichwohl emotionale und feinfühlige Geschichte des Lebens zweier Partner, die das Schicksal auf einer anderen Ebene wieder zusammenführt und letztlich versöhnt.
    Nein, dieses Buch ist keine romantische Lektüre mit Happy End, und wohl auch kaum eine Beruhigung oder ein Trostspender für Betroffene oder Angehörige. Vielmehr ist es eine unbarmherzige, aber klare Aufforderung, sich dieser unheilbaren Krankheit zu stellen, zu kämpfen, nichts zu verdrängen und sich - rechtzeitig - um das zu kümmern, was wichtig ist, um sich sowohl auf das nächste Krankheitsstadium einzustellen als auch inneren Frieden mit sich selbst finden.
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  • Schlaf wirkt Wunder

    Dr. Hans-Günther Weeß
    Droemer Verlag 2018, 4. Auflage, 336 S., € 16,99.-

     

    Im Gegensatz zum Buch „Warum wir schlafen“ von Albrecht Vorster befasst sich der Autor dieses Werkes, der seit vielen Jahren eine schlafmedizinische Abteilung leitet, nicht mit den Kuriositäten dieses „wichtigsten Drittels unseres Lebens“, sondern eher mit den essentiellen Funktionen des Schlafes. Hierbei richtet sich das Buch gezielt an interessierte Laien. Gleich im ersten Kapitel führt der Autor vor Augen, welche gravierenden Folgen Schlafmangel haben kann und warum ein ausreichender und gesunder Schlaf so ungemein wichtig sind. Im Verlauf der Lektüre wird deutlich, wie sich der Titel “Schlaf wirkt Wunder“ erklärt: Schließlich trägt ein erholsamer Schlaf nicht nur zu besserem psychischen Befinden bei, sondern es finden in der Phase des Schlafens auch wichtige Vorgänge statt, die für ein gesundes Immunsystem wichtig sind. Nicht zuletzt wird das Gehirn im Schlaf von schädlichen körpereigenen Stoffen „entrümpelt“. Auch das Träumen, die Veräderungen des Schlafs im Verlauf des Lebens sowie die unterschiedlichen Schlaftypen und die schädlichen Auswirkungen unserer schlaflosen Gesellschaft erörtert der Autor stets unterhaltsam. Das letzte Drittel des Buches zielt darauf ab, dem Leser einerseits die typischen Schlafstörungen nahezubringen und andererseits Empfehlungen für gesunden Schlaf zu geben. In einem dreiwöchigen Training kann der Leser Verhaltensweisen und Techniken erlernen, mit denen er zu einem erholsamen Schlaf finden kann. Somit eignet sich „Schlaf wirkt Wunder“ nicht nur als unterhaltsame Lektüre zur Bedeutung des Schlafes, sondern leistet auch Betroffenen, die mit Schlafstörungen zu kämpfen haben, als lehrreicher Ratgeber wertvolle Dienste.
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  • Ein guter Tag zum Leben

    Lisa Genova
    Bastei Lübbe, 2017, 416S., € 10.-

    Der irisch-stämmige Joe O’Brien ist Mitte 40, passionierter Polizist, liebevoller Ehemann und stolzer Vater von vier Kindern. Er lebt in einer katholisch geprägten Nachbarschaft in Charlestown. Mitten im Leben stehend, bemerkt er plötzlich scheinbar lapidare Veränderungen in seinen Bewegungen, indem er beispielsweise tollpatschig stolpert oder Probleme bei feinmotorischen Tätigkeiten hat. Zunächst versucht er, diese Auffälligkeiten zu negieren und auf seine Arbeitsüberlastung zurückzuführen. Erst als sich die Symptome zunehmend verstärken und mit eine einer wachsenden emotionalen Unbeherrschbarkeit einhergehen, läßt er sich auf Drängen seiner Familie darauf ein, einen Neurologen zu konsultieren. Die Diagnose der schwerwiegenden Erkrankung „Chorea Huntington“ erschüttert nicht nur Joe, sondern auch die gesamte Familie. Plötzlich ist nicht mehr nur der Vater betroffen, sondern auch seine Kinder müssen sich damit auseinandersetzen, mögliche Genträger zu sein. Jedes der vier Kinder tut dies auf seine eigene Art und Weise. Die Beschreibung der ersten Krankheitssymptome, die typische „Verleugnung“ und der langsame  Lernprozess Joes, mit  seiner Erkrankung umzugehen, werden von der Autorin Lisa Genova ebenso feinfühlig beschrieben wie der beispielhafte Kampf der Tochter Katie im Umgang mit ihrem möglichen Schicksal. Könnte sie mit dem Wissen weiterleben, an einer tödlichen Krankheit zu leiden oder entscheidet sie sich, weiterhin mit der Ungewissheit zu leben? Der Autorin von „Still Alice“ gelingt es auch mit diesem Roman, den Leser ein neurologisches Krankheitsbild nahe zu bringen und ihn nachvollziehen zu lassen, was es für einen Menschen und seine ganze Familie bedeutet, mit eine solchen unheilbaren Erkrankung und dem damit verbundenen Schicksal konfrontiert zu sein und leben zu müssen..
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  • Mehr als nur ein halbes Leben

    Lisa Genova
    Bastei Lübbe, 2013, 381 S., € 9,99.-

    Sarah Nicholson ist eine junge, zielstrebige Frau, die erfolgreich bei einem großen Unternehmen im Personalmanagement arbeitet. Gleichzeitig ist sie Ehefrau und Mutter dreier noch recht junger Kinder. Entsprechend anstrengend und klar strukturiert ist ihr Alltag. Zeit ist in ihrem Leben Mangelware, alles muß sie gut planen und organisieren. Auf dem Weg zur Arbeit erleidet sie bei einem Autounfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Als sie im Krankenhaus zu sich kommt, wird sich nach und nach bewußt, daß sie körperlich schwer behindert ist und an einem Neglect leidet,  so daß sie ihre linke Körperhälfte nicht mehr wahrnimmt. Die schwere Erkrankung zwingt sie dazu, vieles mühsam wieder zu erlernen und plötzlich geduldig zu sein.  Hat sie anfangs noch den festen Vorsatz, sich die Rückkehr in ihr früheres Lebenzu erkämpfen, ermöglichen ihr die erzwungenen Veränderungen eine andere Sicht auf ihr Leben und führen ihr vor Augen, dass es vielleicht gar nicht so erstrebenswert ist, ihr „altes Leben“ zurückzugewinnen.  Dieses sehr lesenswerte Buch läßt den Leser einerseits mit der Frage zurück, was im Leben wirklich zählt. Andererseits sind die Schilderungen des Neglects sehr anschaulich, so daß der Leser sich gut in die Protagonistin und den alltäglichen Kampf mit ihrer Behinderung hineinversetzen kann. Das Buch ist Neurologen, Angehörigen von Schlaganfallpatienten und auch Betroffenen sehr zu empfehlen!
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  • Drachen, Doppelgänger und Dämonen – Über Menschen mit Halluzinationen

    Sacks, Oliver
    rowohlt 2013, 352 S., € 13.-

    Mit in seinem neuesten Werk knüpft Oliver Sacks an seine vorherigen Bücher an. Der Autor präsentiert Fallgeschichten aus seiner langjährigen Praxis und widmet sich hier den Halluzinationen - so auch der Titel der englischen Originalausgabe. Dabei greift Sacks auch Darstellungen in früheren Werken auf, so dass „Sacks-Kenner" eine gewisse Wiederholung beklagen könnten. Von besonderem Interesse dürften für Neurologen die Ausführungen zu Halluzinationen bei Migräneauren, Epilepsien, Narkolepsien und die komplex-visuellen Halluzinationen im Halbfeld sein, die in dieser Ausführlichkeit und Präzision in kaum einem Lehrbuch zu finden sind.
    Hinzu kommt, dass Sacks zumindest im deutschen Sprachraum zu den wenigen Autoren zählt, die neurologische Fallgeschichten sowie Ausführungen zu Erkrankungen – noch dazu unterhaltsam und überwiegend auch dem Laien verständlich - veröffentlichen. Von daher dürfte auch die Lektüre dieser Neuerscheinung lohnen!
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  • Das innere Auge

    Oliver Sacks
    rororo 2011, 288 S., € 12.-

    Wie in früheren Werken schildert Sacks in dem Werk „Das innere Auge“ Geschichten von Menschen, deren Leben durch neurologische Erkrankungen eine Wendung nimmt. Sacks betrachtet hier aber eben nicht nur die Krankheit, sondern sieht die Personen, die durch diese getroffen werden. Das macht den eigentlichen Reiz aller Fallgeschichten von Oliver Sacks aus. Auch wenn die Schicksale der Betroffenen von einer etwas zu heiteren und optimistischen Seite geschildert werden und die teilweise gravierenden frustrierenden Aspekte, die diese Erkrankung für die Erkrankten mit sich bringen, wenig beleuchtet werden, so ist es andererseits auch die Stärke des Autors, kleine positive Entwicklungen zu erkennen und seine Patienten in ihren Bemühungen zu unterstützen ihr früheres Leben wo gut wie noch möglich fortzuführen. Besonders interessant ist der zweite Abschnitt des Buches in dem Sacks die – hier durchaus mit ängstlichen Emotionen erlebte – eigene Erfahrung an einem Aderhautmelanom zu erkranken beschreibt.  Die Kombination aus eigener Krankheitsgeschichte und der scharfen Beobachtung der Auswirkung neurologischer Erkrankungen auf Einzelschicksale macht den Reiz dieses Werkes aus, so dass dieses Buch insbesondere für Neurologen und neurologisch Interessierte ein kurzweiliges und interessantes Lesevergnügen sein wird.
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  • In die Sonne schauen - Wie man die Angst vor dem Tod überwindet

    Yalom, Irvin D.
    btb 2010, 272 S., €9,99.-

    „Le soleil ni la mort ne se peuvent regarder en face.“ (Der Sonne und dem Tod kann man nicht ins Gesicht blicken.) Entgegen dieser Aussage des französischen Moralisten Francois de la Rochefoucauld scheut Yalom die Auseinandersetzung mit dem Thema „Tod“ nicht. Gleichwohl handelt es sich bei seinem Buch um ein lebensbejahendes Werk, das sich mit dem Sinn des Lebens beschäftigt. Yalom, bekennender Atheist, beschäftigt sich - aus säkularer Sicht - mit dem Leben vor dem Tod und möchte den Leser ebenso wie seine Patienten dazu anleiten, ein erfülltes Leben im „Jetzt“ zu führen. In seinen Erzählungen berichtet er von Patienten, die ihn entweder wegen expliziter Todesängste konsultieren oder aber psychische Beschwerden aufweisen, die sich im Laufe der Therapie als eigentliche Angst vor dem Tod entpuppen. Sich seiner eigenen Vergänglichkeit bewusst, beschreibt Yalom darüber hinaus ausführlich, wie er selbst sich mit der Endlichkeit des menschlichen Daseins auseinandersetzt und für sich einen Weg gefunden hat, diese zu akzeptieren und nicht an ihr zu verzweifeln. Die differenzierte Herangehensweise und Vielfalt der Denkansätze animiert den Leser zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Tod, um daraus eine eigene Haltung zu diesem Thema zu entwickeln. Für sich selbst zieht Yalom den Schluss, dass man der Angst vor dem Tod nur durch ein erfülltes Leben begegnen kann.
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  • Das Gehirn

    Linden, David J.
    rororo

    David Linden erläutert in seinem Werk zahlreiche Fragen, die sich zwangsläufig stellen, wenn man sich mit dem Aufbau und der Funktion des Gehirns beschäftigt. Schon die ersten Kapitel zeigen auf, dass dieses Organ nicht perfekt geplant ist, sondern das Ergebnis einer langen evolutionsbiologischen Entwicklung darstellt. Die Entstehung von Religiosität führt der Autor beispielsweise auf die evolutionäre Gehirnentwicklung und die daraus resultierenden spezifischen Hirnfunktionen zurück. In weiteren Kapiteln wendet er sich den Themen „Liebe und Sex", der Funktion des Schlafens und des Träumens sowie der Gedächtnisbildung und der menschlichen Individualität zu. Die Aufarbeitung der Themen erfolgt detailliert und mit bemerkenswerten Ansätzen, so dass der interessierte Leser nach der Lektüre um einige Fakten und Ideen bereichert sein dürfte. Insgesamt handelt es sich um ein - insbesondere für Neurologen - äußerst lesenswertes Buch, da der Autor nicht krankheits-, sondern alltagsrelevante Gehirnfunktionen beleuchtet.
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  • Der einarmige Pianist - Oliver Sacks

    Sacks, Oliver
    Rowohlt

    „Musicophilia" lautet der Originaltitel dieses Buchs, der seinen Inhalt treffender beschreibt als der Verweis auf eine Anekdote in diesem Buch. Seit Jahrzehnten begeistert der Autor Oliver Sacks nunmehr mit seinen interessanten Fallgeschichten Laien und Fachleute. Auch in diesem Werk gelingt es ihm wieder meisterlich, Interesse an der Neurologie zu wecken und das in diesem Fachgebiet wenig beachtete Thema „Musik" spannend mit ihren vielen Facetten abzuhandeln. Inhaltlich werden anhand von Fallgeschichten seltene und eigentümliche Krankheitsbilder dargestellt, denen der Bezug zur Musik gemein ist. So berichtet Sacks z.B. über einen Chirurgen, der seine Liebe zur Musik nach einem Blitzschlag entdeckt, über die wunderbare Wirkung der Musik auf Parkinson-, Demenz- und Schlaganfallkranke, aber auch allgemein über die Wirkung der Musik auf das menschliche Gehirn. Sacks begegnet allen Betroffenen mit Respekt und Neugier, aber auch dem Wunsch, durch die sich ihm erschliessenden Kenntnisse den Patienten zu helfen. Anzumerken sei jedoch, dass die Geschichten und Ausführungen gewisse medizinische Kenntnisse voraussetzen. Eine äußerst interessante Lektüre sowohl für Neurologen als auch den musikbegeisterten Laien!
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  • Der Tag, an dem ich meine Stimme fand

    Mukhopadhyay, Tito R.
    rororo

    Dieser autobiographische Roman handelt von dem indischen Jungen Tito, der an Autismus erkrankt ist. Eindrücklich beschreibt er die innere Gefühlswelt eines autistischen Kindes und die Probleme, mit der Umwelt in Kontakt zu treten. Äußerst geduldig versucht Titos Mutter, ihrem Kind Brücken zu bauen und ihm die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Trotzdem bleiben seine Reaktionen, die durch Ängste vor Veränderungen seiner Umgebung ausgelöst werden, für seine Mitmenschen nicht nachvollziehbar. Das Buch berichtet über den schwierigen, langen Weg zur Kommunikation, der anfangs mittels einer Buchstabentafel und später durch das Schreiben gelingt. Faszinierend ist der exemplarische Einblick in das Seelenleben von Autisten, denen eine tiefergehende Introspektionsfähigkeit bisher abgesprochen wurde. Zudem beeindruckt Titos poetische Ader, die sich in der Erzählung „Der Bewußtseinsbaum“ und seinen den Text ergänzenden Gedichte ausdrückt. Insbesondere Angehörigen, aber auch Kinder- und Jugendpsychiatern ist das Buch zum besseren Verständnis der Betroffenen ans Herz zulegen.
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  • Motherless Brooklyn

    Lethem, Jonathan
    Goldmann Manhattan

    Im Mittelpunkt des Romans steht der unter dem Tourette-Syndrom leidende Lionel Essrog.
    Aufgewachsen in einem Waisenhaus erstarkt sein Selbstbewusstsein, als er zusammen mit drei weiteren Heimjungen vom Kleinkriminellen Frank Minna als dessen Handlanger -die “Minna Men” - angeheuert wird.
    Doch Minna wird ermordet, - nach und nach schafft es Lionel, sich aus seiner passiven Rolle zu lösen und letztlich nicht nur den Mord an seinem verehrten Chef aufzukären, sondern auch das Dickicht um dessen Machenschaften zu lichten.
    Ein nicht ohne Grund mit vielen Preisen ausgezeichneter Roman, den es vor allem wegen seiner kunstfertigen Sprachgewandtheit zu lesen lohnt! Dabei gelingt es dem Autor meisterhaft, den Leser einfühlsam in die Welt eines Tourette-Erkrankten zu entführen, indem er - nicht ohne Sinn für Humor, aber bar jeder Lächerlichkeit - dessen Innenansichten und typische Reaktionen der Aussenwelt in die Geschichte einfliessen lässt.
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  • Die Kunst, ein guter Arzt zu werden

    Von Troschke, Jürgen
    Hans Huber Verlag

    Was zeichnet heutzutage einen guten Arzt aus? Ist reines Fachwissen entscheidend? Oder vielmehr Empathie? Wer war ein guter Arzt? Jürgen von Troschke regt an, über das Arztsein nachzudenken. Er erläutert Ideale und Vorstellungen junger Medizinstudenten, gibt Einblicke in die Geschichte des ärztlichen Standes, nennt Vorbilder sowie Verfehlungen und versucht, die wünschenswerten Qualitäten eines Mediziners mithilfe von Arztbiographien und Arztromanen herauszuarbeiten. Seinen Ausführungen folgen zusammenfassende Empfehlungen für die Kunst ein guter Arzt zu werden. So eröffnet dieses Buch dem interessierten Mediziner während der verschiedenen Phasen seiner Tätigkeit neue Blickwinkel und gibt Anregungen, wie man auf seine Weise den eigenen Idealen am nächsten kommt.
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  • Der Versuch

    Darnton, Joe
    Goldmann

    Der dreizehnjährige Tyler erleidet bei einem Unfall schwere Gehirnverletzungen. Als der Neurochirurg Saramaggio dem verzweifelten Vater in Aussicht stellt, dessen Gesundheit durch die Implantation von Stammmzellen in das Gehirn des Sohnes wiederherzustellen, willigt dieser ein, nicht wissend, dass der Forscher Dr. Cleaver ganz andere Absichten verfolgt. Es entwickelt sich ein spannender, intelligenter Thriller an der Grenze zwischen Leben und Tod, Mensch und Maschine, der das gespaltene Verhältnis des Menschen zu den Möglichkeiten des technischen Fortschritts der Medizin und den damit verbundenen ethischen Problemen anhand der emotionalen Zerissenheit des Vaters darstellt.
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  • Die blinde Frau, die sehen kann

    Ramachandran, Vilayanur S.; Blakeslee, Sandra
    rororo 2002, 512 S., € 11,99.-

    Obwohl die Veröffentlichung des Buches von Vilayanur Ramachandran und Sandra Blakeslee schon einige Jahre zurückliegt, hat es an seiner Faszination bis heute nichts eingebüßt. So gelingt es dem indischen Neurowissenschaftler, die Neugier des Lesers an der Komplexität des Gehirns zu wecken. In seinen Geschichten über Phantomgliedmaßen und insbesondere das visuelle System bedient sich der Autor innovativer klinischer Denkansätze und beschreibt Experimente, die einen faszinierenden Einblick in die Funktionsweise des Gehirns erlauben. Anschaulich verdeutlicht er anhand seiner Versuche die Plastizität dieses komplexen Organs. Dabei gelingt es ihm, den neurologisch Kundigen ebenso anzusprechen wie den bisher mit diesem Thema wenig Vertrauten. Ramachandran wird zwar immer wieder mit Oliver Sacks verglichen,  doch stehen bei Sacks‘ Geschichten die von einer Krankheit Betroffenen im Vordergrund, wohingegen Ramachandran den Fokus auf die organischen Hintergründe lenkt und somit anhand seiner Versuche Rückschlüsse auf die Veränderungen im Gehirn zieht.
    Es handelt sich hier um ein für Neurologen äußerst lesenswertes und noch immer aktuelles Buch, nicht zuletzt weil es dazu anregt, die eigene Herangehensweise an Patienten und deren Erkrankungen zu überdenken.
    © Redaktion Neurologienetz.de

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Mount Misery

    Shem, Samuel
    Knaur

    Der Folgeroman des Kultbuchs “House of God” beschreibt den weiteren beruflichen Werdegang von Dr. Roy Bash in der psychiatrischen Klinik “Mount Misery”. Wie in seinem Erstlingswerk fehlt es auch in diesem Werk nicht an bitteren Erkenntnissen und Seitenhieben auf das Gesundheitssystem und die Eigenheiten des ärztlichen, insbesondere psychiatrischen Berufsstandes. So wird Dr. Bash erkennen, dass eine Besserung nur durch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes erreicht wird und dass Therapien und Krankheiten nach Forschungsinteressen erfolgen bzw. gestellt werden.
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  • Alzheimer

    Maurer, Konrad; Maurer, Ulrike
    Piper

    Das Buch über Alois Alzheimer ist nicht nur eine exzellent recherchierte Biographie des großen Wissenschaftlers, sondern bietet auch einen tiefen Einblick in die Psychiatrie der Jahrhundertwende. Auch des Wirkens namhafter Psychiater wie Kraeplin, Wernicke, Levy und anderer, sowie deren Bekanntschaft zu Alzheimer wird in diesem Buch geschildert. Interessant ist insbesondere wie breitgefächert die wissenschaftlichen Tätigkeiten zu damaliger Zeit waren und wie eng verbunden diese mit dem klinischen Alltag verknüpft waren. Eine höchst lesenswerte Biographie.
    © Dr. Patrick Thilmann | Neurologienetz.de

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Small World

    Suter, Martin
    Diogenes

    Eingebettet in eine Kriminal- und Familiengeschichte wird auf einfühlsame Weise die fortschreitende Alzheimer Demenz des 60-jährigen Konrad Lang geschildert, welchen mit der ihm seit Kindheitstagen verbundenen Familie Koch mehr als nur freundschaftliche Bande verknüpfen. Ausgelöst durch seinen Rückzug in Kindheitserinnerungen und mit Hilfe einer misstrauischen jungen Frau gelingt es, ein grausames Geheimnis zu lüften...
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  • Die Rote Couch

    Yalom, Yrvin D.
    btb

    Die Begegnung mit seinem älteren und renommierten Kollegen Seymout Trotter, der wegen eines Verhältnisses mit einer Patientin angeklagt ist, veranlasst den jungen Psychoanalytiker Ernest Lash dazu, den klassischen Therapieformen den Rücken zu kehren und sich auf das Experiment der von Trotter propagierten absolut ehrlichen Arzt-Klienten Beziehung einzulassen. Ein Versuch, bei dem er die List von Carol - erfolgreiche Anwältin und Ehefrau eines seiner Patienten - nicht eingeplant hat, die sich an ihm für die Trennung von ihrem Ehemann durch Verführung rächen will. Letztendlich werden unbemerkt Rollen getauscht, - aus der Patientin wird die eigentliche Therapeutin...
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  • Migräne

    Oliver Sacks
    1996, Rowohlt Taschenbuch, 8. Edition, 512 Seiten, € 14.-

    Im Jahre 1970 veröffentlichte Oliver Sacks mit „Migräne“ sein erstes Buch. Bei der hier vorliegenden Ausgabe handelt es sich zwar um eine 1992 vom Autor aktualisierte Version. Gleichwohl hat sich die Migräneforschung in den letzten drei Jahrzehnten stetig weiterentwickelt und neue Erkenntnisse erzielt. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die therapeutischen Möglichkeiten, sondern betrifft auch das Grundlagenwissen. Nichtsdestoweniger haben die Ausführungen von Oliver Sacks dadurch nicht an Reiz verloren. Aufschlussreich ist nämlich noch immer zum einen seine Beschreibung des seinerzeitigen Kenntnisstandes zur Migräne, zum anderen aber auch der interessante historische Rückblick auf Zeiten, in denen weder technische noch grundlegende pathophysiologische und zellbiologische Untersuchungen möglich waren, um dieser komplexen Erkrankung auf den Grund zu gehen. Sacks schildert daher die von ihm präferierte Vorgehensweise, die ihn bekannt gemacht hat: Er hört seinen Patienten zu, beschreibt, analysiert und versucht, aus den ihm vorliegenden Fakten logische Schlüsse zu ziehen. Dabei nimmt er Bezug auf historischen Forschungen, die insbesondere durch Richard Williams Gowers und Edward Liveing Ende des 19. Jahrhunderts vorangetrieben worden waren. Abgesehen davon, dass sich auf diese Weise die Entdeckungsgeschichte der Erkrankung wunderbar nachvollziehen lässt, hat auch die in diesem Werk eindrucksvoll präsentierte klinische Beschreibung des Migränekopfschmerzes sowie der Aura nicht an Aktualität verloren. Vor diesem Hintergrund ist das Buch auch heute - 50 Jahren nach seinem Erscheinen - noch durchaus als lesenswert zu erachten.
    © 2021 Patrick Thilmann | Neurologienetz

  • Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen

    Green, Hannah
    rororo

    Der autobiographische Roman schildert den Krankheitsweg der 16-jährigen Deborah, die an Schizophrenie erkrankt und deswegen in eine psychiatrische Klinik gebracht wird. Dort wird sie von der einfühlsamen Ärztin Dr. Fried behandelt. Durch die Gespräche mit der Ärztin und die Freundschaft mit einer anderen Patientin findet sie langsam den Weg zurück in die Normalität.

    Auf unvergleichliche Weise wird in diesem Werk die Innenwelt einer schizophrenen jungen Frau dargestellt. Dem Leser wird die Möglichkeit gegeben, sich in die psychotische Gedankenwelt mit dem Verlust jeglichen Realitätsbezugs, der gestörten Gefühlswelt sowie den zerfahrenen Gedankengängen hineinzubegeben. Jeden, der beruflich oder privat bereits mit Psychosekranken zu tun hatte, wird dieses Buch durch die einmalige Schilderung von Seiten der Patientin faszinieren.
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  • Zeit des Erwachens

    Oliver Sacks
    Rororo 1991, 484 Seiten, € 12 .-

    Der Neurologe Oliver Sacks erzählt in seinem Buch "Zeit des Erwachens" die faszinierende Geschichte der Epidemie der sogenannten Europäischen Schlafkrankheit- Dabei  handelte es sich um eine noch heute rätselhafte neurologische Erkrankung, die weltweit - in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Spanischen Grippe - zwischen 1916 und 1927 grassierte.

    Ende der 60er Jahre stieß Sacks im Krankenhaus Mount Carmel bei New York auf Patienten, welche die Europäische Schlafkrankheit zwar überlebt hatten, aber in deren Folge über Jahrzehnte hinweg in einem Zustand der Lethargie gefangen gewesen waren. Er behandelte sie mit dem - für die Parkinson-Erkrankung bereits eingeführten - seinerzeit neuartigen Medikament L-Dopa und erzielte eine überwältigende Wirkung: Menschen, die jahrzehntelang "erstarrt" waren, erwachten plötzlich wieder zum Leben. Sacks beschreibt, wie „eingefrorene“ Patienten plötzlich nicht nur körperlich, sondern auch geistig erwachten und wie durch ein Wunder wieder am Leben teilnehmen. Er schildert, wie auch das Pflegepersonal die überwältigende Wirkung dieser Medikation wahrnimmt, welche die Behandelten vor Energie und Ideen sprühen lässt und aus „leeren Hüllen“ wieder Menschen macht. Mit ebensolcher genauer Beobachtung geht Sacks aber auch auf die sich im weiteren Verlauf der Behandlung einstellenden Probleme der L-Dopa-Wirkung ein, die sehr unterschiedlich sein kann und bei einige Patienten im Verlauf der Behandlung zu massiven, unkontrollierbare Bewegungen, Tics oder psychischen Veränderungen führte, die sich der Kontrolle der Ärzte entzogen.

    Die spannenden Fallgeschichten bestechen nicht nur durch das aufrichtige Interesse, mit dem Sacks die Lebens- und Leidensgeschichte seiner Patienten sowie die individuellen medizinischen Erfolge der Dopamin-Behandlung beschreibt, sondern bieten dem Leser auch umfassende Hintergrundinformationen. Selbst wenn die nicht eben sparsame Verwendung medizinischer Fachbegriffe und der akademische Schreibstil die Lektüre für den nicht medizinisch vorgebildeten Leser etwas erschweren dürften: Es lohnt sich, „Zeit des Erwachens“ zu lesen, um einen Einblick in die faszinierende Welt der Neuropsychologie zu erhalten und Verständnis für die menschliche Psyche sowie die Bedeutung von Resilienz, Hoffnung und Therapie zu entwickeln!

    © Dr. Patrick Thilmann | Neurologienetz.de

  • Der Mann, dessen Welt in Scherben ging

    Lurija, Alexander R.
    rororo science

    Lurija schildert zwei neurologische Geschichten, die des russischen Offiziers Sassezki, der im zweiten Weltkrieg durch einen Granatsplitter eine Gehirnverletzung erleidet und des Gedächtniskünstlers Schereschewski. Die 3.000 seitigen Aufzeichnungen Sassezkis, in denen dieser versucht sein Leben zu rekonstruieren und Vergessenes festzuhalten, geben Lurija und dem Leser die Möglichkeit das Leid und die Probleme aus Sicht des Patienten zu erfahren. Lurija beschreibt nicht nur die neurologischen Defekte, sondern auch den Einfluss des Gedächtnisverlusts auf Leben und Persönlichkeit des Verletzten.

    Ebenso schildert er sowohl das scheinbar unbegrenzte eideistische Gedächtnis des Mnemonikers als auch die Probleme, die ein bildhaftes Gedächtnis auf dessen Lebensführung haben kann.

    Das Werk ist eine Pflichtlektüre für jeden Neurologen, die die interessante Möglichkeit bietet sich in die Welt von Patienten mit Gehirnverletzungen zu versetzen.

    Unverständlicherweise wird das Buch vom Verlag nicht mehr vertrieben, daher bleibt derzeit nur der Weg in die örtliche Bücherei.

    Es bleibt zu hoffen, dass dieses Werk bald wieder aufgelegt wird!
    © Redaktion Neurologienetz.de

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Abschied vom Irrenhaus

    Müller, Christian
    Verlag Hans Huber

    Das Werk gibt einen Einblick in die Geschichte, insbesondere der Schweizer Psychiatrie, des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Autor war bis 1987 Professor der Psychiatrie in Lausanne und beschäftigte sich in dieser Zeit mit der Einrichtung einer gemeindenahen Psychiatrie. Das Buch stellt die fragwürdigen Methoden in der Behandlung psychisch Kranker dar und gibt durch Augenzeugenberichte Einblicke in diese Zeit. Besonders interessant ist die Darstellung der auf der Titelseite dargestellten Drehmaschine, die diejenigen, die sich bisher nicht mit der Geschichte der Psychiatrie auseinandersetzten, unbekannt sein dürfte. Diese, aber auch die „Bettbehandlung“, zeigen gleichzeitig die Hilflosigkeit hinsichtlich therapeutischer Möglichkeiten in dieser Zeit. Exemplarisch für die Therapien zur Jahrhundertwende finden sich Abrisse über das Wirken namhafter Psychiater wie Rohrschach, Freud und Bleuler. Insgesamt hinterfragt das Werk kritisch das psychiatrische Tun der vergangenen Jahrhuderte und ermuntert diese als Chance für neue Ansätze zu nutzen. Inhaltlich dürfte das Buch insbesondere Interessierte an der Geschichte der Psychiatrie ansprechen. Allerdings sind Bücher wie dieses für jeden in der Psychiatrie Tätigen zum Verständnis der Entwicklung psychiatrischer Kliniken von besonderem Wert.
    © Dr. Patrick Thilmann | Neurologienetz.de