News aus dem Fachbereich Neurologie

Hoffnung bei Alzheimer - Chancen und Herausforderungen der neuen Antikörper-Zulassung

Nach anfänglichen Bedenken hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA nunmehr doch Lecanemab als ersten Antikörper gegen Alzheimer in Europa zugelassen. Die Antikörper-Therapie, die in den USA und weiteren Ländern schon länger erhältlich ist, vermag die Erkrankung zwar nicht zu heilen, aber ihr Fortschreiten im Frühstadium deutlich zu verlangsamen, indem sie das Proteinfragment β-Amyloid aus dem Gehirn entfernt. Anlässlich des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin beschrieb deren Generalsekretär Prof. Dr. Peter Berlit, die derzeitigen Möglichkeiten der Therapie mit folgenden Worten: „Sie hemmt die Progression um etwa ein Drittel und es macht einen großen Unterschied, ob ich als Betroffener ein oder eineinhalb Jahre im Frühstadium der Erkrankung verbleibe, wie es die Zulassungsstudien gezeigt haben. Wir reden hier über ein geschenktes halbes Jahr bei noch guter Lebensqualität.“ Die DGN hatte daher die Zulassung von Lecanemab befürwortet und auf die damit verbundene Chance verwiesen, mit dieser Therapieoption sowohl der Tabuisierung von Alzheimer in der Gesellschaft entgegenzuwirken als auch die noch vorherrschende Einstellung zu widerlegen, dass jegliche therapeutische Ansätze ohnehin wirkungslos seien.

Jedes Jahr erkranken in Deutschland 400.000 Menschen an einer Demenz. Als Risikofaktoren, die durch den persönlichen Lebenstil und medizinische Vorsorge beeinflussbar sind, gelten u.a. Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Sehstörungen, Schwerhörigkeit, Fettstoffwechselstörungen und soziale Isolation. Eine frühzeitige Bekämpfung solcher Risiken könnte Studien zufolge viele Demenzerkrankungen vermeiden oder zumindest deutlich hinauszögern.

Da Lecanemab nur im Frühstadium der Erkrankung und auch nur im Falle einer Alzheimer-Pathologie und nicht bei anderen Demenzen wirkt, gilt es nun, die Frühdiagnostik auszubauen und die Ärzteschaft dahingegend zu sensibilisieren, erste Symptome wie z.B. Vergesslichkeit zum Anlass für eine weiterführende Diagnostik zu nehmen. Nachdem Bluttests derzeit noch nicht zugelassen sind, kommen hierfür in erster Linie die Untersuchung des Nervenwassers durch Lumbalpunktion oder alternativ eine – allerdings mit Strahlenbelastung verbundene - Bildgebung mittels Amyloid-Positronen-Emissions-Tomographie (Amyloid-PET) in Betracht. Die Therapie erfordert es außerdem, den Ausbau von Infusionsplätzen für die alle zwei Wochen erforderliche Verabreichung der Antikörper voranzutreiben sowie die Kapazitäten für begleitende Diagnostik wie kontrollierende MRT-Scans zur Risikominimierung und zusätzliche Therapien (z.B. Kognitionstraining, Bewegungstherapie, psychologische Betreuung) zu schaffen. Damit bringt die Zulassung – neben den eigentlichen Kosten für Lecanemab an sich – weitere Herausforderungen für das Gesundheitswesen mit sich.

Aufgrund der mit der Antikörper-Therapie verbundenen Nebenwirkungen wie möglichen Blutungen und Ödemen im Gehirn kommt Lecanemab für Patienten mit einer Blutungsproblematik, schlecht eingestelltem Bluthochdruck oder erhöhtem Schlaganfallrisiko nicht in Betracht. Nach Einschätzung der EMA empfiehlt sich Lecanemab daher lediglich solche für Alzheimer-Patienten, die nur eine oder keine Kopie von ApoE4 aufweisen, das als genetischer Risikofaktor für die Alzheimer-Erkrankung gilt; bei diesen Personen soll die Wahrscheinlichkeit für die obengenannten Nebenwirkungen geringer sein als bei Personen mit zwei ApoE4-Kopien.

Christine Thilmann     I           18.11.2024    

Hoffnung bei Alzheimer - Chancen und Herausforderungen der neuen Antikörper-Zulassung

Nach anfänglichen Bedenken hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA nunmehr doch Lecanemab als ersten Antikörper gegen Alzheimer in Europa zugelassen. Die Antikörper-Therapie, die in den USA und weiteren Ländern schon länger erhältlich ist, vermag die Erkrankung zwar nicht zu heilen, aber ihr Fortschreiten im Frühstadium deutlich zu verlangsamen, indem sie das Proteinfragment β-Amyloid aus dem Gehirn entfernt. Anlässlich des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin beschrieb deren Generalsekretär Prof. Dr. Peter Berlit, die derzeitigen Möglichkeiten der Therapie mit folgenden Worten: „Sie hemmt die Progression um etwa ein Drittel und es macht einen großen Unterschied, ob ich als Betroffener ein oder eineinhalb Jahre im Frühstadium der Erkrankung verbleibe, wie es die Zulassungsstudien gezeigt haben. Wir reden hier über ein geschenktes halbes Jahr bei noch guter Lebensqualität.“ Die DGN hatte daher die Zulassung von Lecanemab befürwortet und auf die damit verbundene Chance verwiesen, mit dieser Therapieoption sowohl der Tabuisierung von Alzheimer in der Gesellschaft entgegenzuwirken als auch die noch vorherrschende Einstellung zu widerlegen, dass jegliche therapeutische Ansätze ohnehin wirkungslos seien.

Jedes Jahr erkranken in Deutschland 400.000 Menschen an einer Demenz. Als Risikofaktoren, die durch den persönlichen Lebenstil und medizinische Vorsorge beeinflussbar sind, gelten u.a. Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Sehstörungen, Schwerhörigkeit, Fettstoffwechselstörungen und soziale Isolation. Eine frühzeitige Bekämpfung solcher Risiken könnte Studien zufolge viele Demenzerkrankungen vermeiden oder zumindest deutlich hinauszögern.

Da Lecanemab nur im Frühstadium der Erkrankung und auch nur im Falle einer Alzheimer-Pathologie und nicht bei anderen Demenzen wirkt, gilt es nun, die Frühdiagnostik auszubauen und die Ärzteschaft dahingegend zu sensibilisieren, erste Symptome wie z.B. Vergesslichkeit zum Anlass für eine weiterführende Diagnostik zu nehmen. Nachdem Bluttests derzeit noch nicht zugelassen sind, kommen hierfür in erster Linie die Untersuchung des Nervenwassers durch Lumbalpunktion oder alternativ eine – allerdings mit Strahlenbelastung verbundene - Bildgebung mittels Amyloid-Positronen-Emissions-Tomographie (Amyloid-PET) in Betracht. Die Therapie erfordert es außerdem, den Ausbau von Infusionsplätzen für die alle zwei Wochen erforderliche Verabreichung der Antikörper voranzutreiben sowie die Kapazitäten für begleitende Diagnostik wie kontrollierende MRT-Scans zur Risikominimierung und zusätzliche Therapien (z.B. Kognitionstraining, Bewegungstherapie, psychologische Betreuung) zu schaffen. Damit bringt die Zulassung – neben den eigentlichen Kosten für Lecanemab an sich – weitere Herausforderungen für das Gesundheitswesen mit sich.

Aufgrund der mit der Antikörper-Therapie verbundenen Nebenwirkungen wie möglichen Blutungen und Ödemen im Gehirn kommt Lecanemab für Patienten mit einer Blutungsproblematik, schlecht eingestelltem Bluthochdruck oder erhöhtem Schlaganfallrisiko nicht in Betracht. Nach Einschätzung der EMA empfiehlt sich Lecanemab daher lediglich solche für Alzheimer-Patienten, die nur eine oder keine Kopie von ApoE4 aufweisen, das als genetischer Risikofaktor für die Alzheimer-Erkrankung gilt; bei diesen Personen soll die Wahrscheinlichkeit für die obengenannten Nebenwirkungen geringer sein als bei Personen mit zwei ApoE4-Kopien.

Christine Thilmann     I           18.11.2024    

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