News aus dem Fachbereich Neurologie

The Father - Filmrezension zum Thema Demenz

Wer meint, die unheimlichste Rolle des walisischen Schauspielers Anthony Hopkins sei die des Psychopathen Hannibal Lecter im Film „Das Schweigen der Lämmer“ (1991), dürfte seine Meinung nach diesem Film überdenken: Im Filmdrama „The Father“, basierend auf dem gleichnamigen erfolgreichen Theaterstück „Le Père“ des französischen Schriftstellers und Regisseurs Florian Zeller brilliert Hopkins mit seiner Darstellung eines Senioren, dessen voranschreitende Demenzerkrankung zunehmend von seiner Persönlichkeit Besitz ergreift, wofür Hopkins mit einem Oscar prämiert wurde.

Zu Beginn des Films zeigt Anthony (Anthony Hopkins) sich als durchaus rüstiger, redegewandter und selbständiger älterer Herr, der allein in seinem Appartment in London lebt und in einen hitzigen Streit mit seiner Tochter Anne (Olivia Colman) über die aus ihrer Sicht von ihm benötigte Haushaltshilfe gerät. Anne untermauert die Notwendigkeit einer solchen Hilfe mit ihren Plänen, der Liebe wegen ins Ausland umzuziehen, und dem Wunsch, ihren Vater gleichwohl gut versorgt wissen zu wollen. Nur eine gewisse Schrulligkeit im Hinblick auf das Verstecken seiner geliebten Armbanduhr deuten die weitere Entwicklung Anthonys an, der in den darauffolgenden Szenen in eine Art Verschwörung zu geraten scheint: Eine andere, ihm nicht bekannte Frau (Olivia Williams) schließt die Tür zu seiner Wohnung auf und gibt sich als seine Tochter aus, ein fremder Mann (Marc Gatiss) sitzt plötzlich in „seinem“ Wohnzimmer und behauptet, sein Schwiegersohn zu sein und ihn tatsächlich bereits seit geraumer Zeit bei sich und Anne in der gemeinsamen Wohnung aufgenommen zu haben. Nur langsam wird der nichtsahnende Zuschauer sich dessen gewahr, dass er unmerklich in die Perspektive Anthonys eingetaucht ist und das Geschehen aus der Sicht des Demenzkranken erlebt. Bekannte und fremde Gesichter geben sich ein Stelldichein, ein Gemälde, das eben noch an der Wand hing und dessen Umrisse noch auf der Tapete erkennbar sind, verschwindet, … Schafft es Anthony, bei der ersten Begegnung mit der neuen Pflegekraft Laura (Imogen Poots) noch, in die Rolle des charmanten Gentleman zu schlüpfen, erinnert sie ihn im weiteren Verlauf an seine einst bei einem Unfall verstorbene zweite Tochter Laura und lässt in ihm das verdrängte Trauma von deren Tod wiederaufleben. Die Schlußszene zeigt Anthony in einem Pflegeheim, in dem er sich – an seiner mentalen Orientierungs- und Haltlosigkeit verzweifelnd – weinend in den Armen einer Pflegekraft wiegt, nach der Mutter ruft und seiner Verwirrung in Anlehnung an die vom Fenster aus zu sehenden Bäume mit den Worten zum Ausdruck bringt, er „verliere seine Blätter, die Äste, den Wind und den Regen“.

Nein, dieses Drama ist keine leichte Kost. Es ist aber eine wertvolle, bereichernde Inszenierung dieser verstörenden Erkrankung, die den Zuschauer insbesondere die Probleme und Eigenheiten dementer Menschen, aber auch die Schwierigkeiten ihrer Angehörigen besser verstehen und nachfühlen lässt.

© Christine Thilmann | Neurologienetz.de

 

Der Film ist bis zum 5.Oktober 2024 in der ARD Mediathek abrufbar.

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The Father - Filmrezension zum Thema Demenz

Wer meint, die unheimlichste Rolle des walisischen Schauspielers Anthony Hopkins sei die des Psychopathen Hannibal Lecter im Film „Das Schweigen der Lämmer“ (1991), dürfte seine Meinung nach diesem Film überdenken: Im Filmdrama „The Father“, basierend auf dem gleichnamigen erfolgreichen Theaterstück „Le Père“ des französischen Schriftstellers und Regisseurs Florian Zeller brilliert Hopkins mit seiner Darstellung eines Senioren, dessen voranschreitende Demenzerkrankung zunehmend von seiner Persönlichkeit Besitz ergreift, wofür Hopkins mit einem Oscar prämiert wurde.

Zu Beginn des Films zeigt Anthony (Anthony Hopkins) sich als durchaus rüstiger, redegewandter und selbständiger älterer Herr, der allein in seinem Appartment in London lebt und in einen hitzigen Streit mit seiner Tochter Anne (Olivia Colman) über die aus ihrer Sicht von ihm benötigte Haushaltshilfe gerät. Anne untermauert die Notwendigkeit einer solchen Hilfe mit ihren Plänen, der Liebe wegen ins Ausland umzuziehen, und dem Wunsch, ihren Vater gleichwohl gut versorgt wissen zu wollen. Nur eine gewisse Schrulligkeit im Hinblick auf das Verstecken seiner geliebten Armbanduhr deuten die weitere Entwicklung Anthonys an, der in den darauffolgenden Szenen in eine Art Verschwörung zu geraten scheint: Eine andere, ihm nicht bekannte Frau (Olivia Williams) schließt die Tür zu seiner Wohnung auf und gibt sich als seine Tochter aus, ein fremder Mann (Marc Gatiss) sitzt plötzlich in „seinem“ Wohnzimmer und behauptet, sein Schwiegersohn zu sein und ihn tatsächlich bereits seit geraumer Zeit bei sich und Anne in der gemeinsamen Wohnung aufgenommen zu haben. Nur langsam wird der nichtsahnende Zuschauer sich dessen gewahr, dass er unmerklich in die Perspektive Anthonys eingetaucht ist und das Geschehen aus der Sicht des Demenzkranken erlebt. Bekannte und fremde Gesichter geben sich ein Stelldichein, ein Gemälde, das eben noch an der Wand hing und dessen Umrisse noch auf der Tapete erkennbar sind, verschwindet, … Schafft es Anthony, bei der ersten Begegnung mit der neuen Pflegekraft Laura (Imogen Poots) noch, in die Rolle des charmanten Gentleman zu schlüpfen, erinnert sie ihn im weiteren Verlauf an seine einst bei einem Unfall verstorbene zweite Tochter Laura und lässt in ihm das verdrängte Trauma von deren Tod wiederaufleben. Die Schlußszene zeigt Anthony in einem Pflegeheim, in dem er sich – an seiner mentalen Orientierungs- und Haltlosigkeit verzweifelnd – weinend in den Armen einer Pflegekraft wiegt, nach der Mutter ruft und seiner Verwirrung in Anlehnung an die vom Fenster aus zu sehenden Bäume mit den Worten zum Ausdruck bringt, er „verliere seine Blätter, die Äste, den Wind und den Regen“.

Nein, dieses Drama ist keine leichte Kost. Es ist aber eine wertvolle, bereichernde Inszenierung dieser verstörenden Erkrankung, die den Zuschauer insbesondere die Probleme und Eigenheiten dementer Menschen, aber auch die Schwierigkeiten ihrer Angehörigen besser verstehen und nachfühlen lässt.

© Christine Thilmann | Neurologienetz.de

 

Der Film ist bis zum 5.Oktober 2024 in der ARD Mediathek abrufbar.

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