Small Fiber Neuropathie (ICD-10 G62.88)
Epidemiologie
- Noch keine validen epidemiologischen Daten
- Prävalenz 10-50/100.000
- Auftreten meist ab ca. dem 50. Lebensjahr
Pathophysiologie
Schädigung (insbesondere) der Endigungen von
A-Delta Fasern
- Dünn-myelinisiert
- Durchmesser 2-6µm
- Leitungsgeschwindigkeit bis zu 30m/s
- Leitung von schnellen Schmerzreizen, Temperaturempfinden
C-Fasern
- Keine Myelinscheide
- Durchmesser bis 1,5µm
- Leitungsgeschwindigkeit bis zu 2m/s
- Afferente Leitung der Nozizeption (Schmerzreize - späte Schmerzwahrnehmung) und Temperatur
Ursachen
Metabolisch
- Diabetes mellitus
- Gestörte Glukosetoleranz
- Hypothyreose
Infektionen
- HIV–Infektion
- Hepatitis C
- Chagas Krankheit
Medikamente und Substanzen
- Metronidazol
- Statine
- Nitrofurantoin
- Chemotherapeutika
- Alkohol
Autoimmunerkrankungen
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
- Sjögren-Syndrom
- Zöliakie
- Sarkoidose
Hereditär
- HSAN II, II, III, IV
- Erythromelalgie
- Natriumkanalmutationen
- Amyloidose
- Morbus Fabry
Malnutrition
- Vitamin B1 oder B12 Mangel
- Vitamin B6- Überdosierung
Paraneoplastisch
- Multiples Myelom o. monoklonale GammopathienIdiopathische small-fiber Neuropathie (keine fassbare Ursache)
Definition nach Lacomis (2002)
Sensible Neuropathie mit Manifestationen durch meiste schmerzhafte Missempfindungen und pathologischen Befunden in mindestens einer der folgenden Untersuchungen:
- Neurologischer Befund
- Spezielle elektrophysiologische Diagnostik
- Histologische Untersuchung (siehe unten)
Symptome
- Parästhesien
- An Füßen (ca. 80%) und/oder Händen, beginnend an den Zehen
- Manifestation auch am gesamten Arm, Bein und Rumpf sowie Gesicht
- Mißempfindung in Form von
- Brennend, stechend, elektrisierend, bohrend, pulsierend
- Thermhypästhesie
- Hypästhesie
- Symptomatik im Bereich der Parästhesien
- Autonome Funktionsstörung
- Hypohidrosis
- Herzfrequenzvariabilität reduziert
Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung
- Reduziertes Temperaturempfinden (ca. 90% d.F.)
- Allodynie
- Leichte Pallhypästhesie und ASR-Abschwächung/-Ausfall sind kein Ausschlußgrund
Bei Vorliegen folgender Befunde sollte die Diagnose in Frage gestellt werden:
- Pallhypästhesie oberhalb der Knöchel
- Atrophien
- Paresen
- Verminderte Propriozeption
Diagnostik
Neurographie
- Unauffällige motorische und sensible Nervenleitgeschwindigkeitsmessung
Elektromyografie
- Keine Zeichen einer floriden oder chronischen Denervierung
Schmerz-assoziierte evozierte Potenziale
- Recht hohe Sensitivität
Corneale confokale Mikroskopie
- Automatisierte Auswertung
- Messungen der Nervenfaserlänge, - dichte
- Vergleichsweise hohe Sensitivität
Quantitative sensorische Testung
- Quantitative Bestimmung der klinischen Symptomatik
- Untersuchung insgesamt wenig sensitiv
Quantitative sudomotor axon reflex testing (QSART)
- Sehr geringe Sensititvität
Laser-evozierte Potentiale
- Reizung von A-Delta und C-Fasern
- Kortikales Potential entspricht A-Delta Faser-Aktivität
Hautstanzbiopsie
- Messung der IENFD (intraepidermal nerve fiber density)
- Reduzierte intraepidermale Nervenfasern Dichte bei ca. 80% der Fälle
- Biopsie am lateralen distalen Unterschenkel oberhalb des Malleolus
wenn möglich Vergleich mit Hautbiopsie an einem proximalen Extremitätenabschnitt - Zur differenzialdiagnostischen Abklärung ob längenabhängig oder generalisierte SNF
Nervenbiopsie
- Zur differenzialdiagnostischen Abklärung
- Insbesondere bei V.a. Vaskulitis
Labordiagnostik
- Nüchternblutzucker, HbA1c, oraler Glukosetoleranztest
- GOT, Gamma-GT, CD-Transferrin
- TSH
- CRP
- Vitamin B1 und B6 Spiegel
- Vitamin B12 Spiegel, evtl. Holotranscobalamin
- Hepatitis C Virus Antikörper, HIV-Test
- Immunelektrophorese
- ANA, RF, ds-DNA-AK, Anti-Sm-Antikörpern, Anti-Ro/SSA , Anti-La/SSB
- Eventuell genetische Diagnostik (Bei Verdacht auf Natriumkanalmutationen)
- Alpha-Galaktosidase-Aktivität im Blut, GLA-Gentest (Trockenblusttest-insbesondere bei Frauen)
- Erregernachweis Trypanosoma cruzi (Blutausstrich (akute Erkrankung) , Antikörpertest (chronische Phase der Erkrankung)
- Gliadin-IgG- und IgA-Antikörper, Anti-Endomysium- Antikörper (EMA-IgA)
Liqourdiagnostik
- U.a. bei Verdacht auf Vaskulitis
Therapie (Detaillierte Informationen nach Login)
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Antikonvulsiva
- Gabapentin
- Pregabalin
- Carbamazepin retard
- Oxcarbazepin
Antidepressiva
- Amitriptylin
- Duloxetin
- Nortriptylin
Opioide
- Tramadol retard
- Oxycodon
Lokale Therapie
- Capsaicin Salbe
- Lidocain Pflaster
Verlauf
- Meist günstiger Verlauf
- Symptomatik meist auf Schmerzen beschränkt
- An behandelbare Ursachen denken! Diagnose sollte im Verlauf erneut überprüft werden! Klinische Verlaufskontrollen sollten durchgeführt werden
Differenzialdiagnose
- Erythromelalgie
- Transthyretin-Amyloidose
- <link>Hereditäre sensible und autonome Neuropathie (HSAN)
- <link>Restless-legs-Syndrom
- Mitbeteiligung kleiner Nervenfasern bei gemischter <link>Polyneuropathie