Horner-Syndrom (ICD-10 G90.2)

Synonyme

    • Claude-Bernard-Horner-Syndrom oder Bernard-Horner-Syndrom

    Historisches

    • 1852 Beschreibung durch den französischen Physiologen Claude Bernard (1813-1878)
    • 1869 Beschreibung des Symptomkomplexes durch den Schweizer Ophthalmologen Johann Friedrich Horner (1831-1886)

    Anatomie

    1. Sympathisches Neuron

    • Vom posterolateralen Hypothalamus und insulären Kortex  zum Rückenmark Höhe C8- Th2 ziehend (Centrum ciliospinale)

    2. Sympathisches Neuron

    • Vom Rückenmark über das Ganglion stellatum zum Ganglion cervikale superius

    3. Sympathisches Neuron

    • Vom Ganglion cervikale superius über Plexus caroticus zum M. dilatator pupillae, M. tarsalis superior und M. orbitalis ziehend, Innervation Schweißdrüsen der Stirn

    Ätiologie

    Zentrale oder periphere sympathische Denervierung des Auges
     

    Zentrales Horner Syndrom (1. Neuron)

    • Ischämien/Blutungen
      • Ausgeprägte Mediainfarkte (Beteiligung Hypothalamus)
      • Hirnstamminfarkt (z.B. Wallenberg-Syndrom)
      • Stammganglieninfarkt/-blutung
    • Raumforderung
      • Rückenmarkstumor
      • Myelonkompression durch Bandscheibenvorfall
      • Syringobulbie
      • Arteriovenöse Malformation
    • Entzündliche Erkrankungen
    • Spinale Ischämie

    Präganglionäres Horner Syndrom (2.  Neuron)

    • Raumforderung
      • Rückenmarkstumor
      • Myelonkompression durch Bandscheibenvorfall
      • Syringomyelie
      • Arteriovenöse Malformation
      • Pancoast-Tumor/Metastasen/mediastinale Tumoren
      • Abszesse
      • Neurome des 1. Thorakalnerven
    • Entzündliche Erkrankungen
    • Spinale Ischämie
    • Iatrogen durch Operationen an Schilddrüse, Lymphkotenexstirpation (neck dissection)

    Postganglionäres Horner-Syndrom (3.Neuron )

    • Vaskulär
      • Dissektion der Arteria carotis
        • Sympathische Fasern verlaufen vorwiegend mit A. carotis externa, daher meist normale Schweißsekretion der Stirn)
      • Sinus-cavernosus Fistel
      • Angiom
    • Raumforderung
      • Schädelbasistumore
      • Tumore im Epipharynx
      • Tumore am Sinus cavernosus
      • Orbitatumoren
    • Autonome Funktionsstörungen
      • Cluster Kopfschmerz
      • Chronisch paroxysmale Hemikranie
      • SUNCT Syndrom
      • Raeder-Syndrom
      • Hereditäre sensorische und autonome Neuropathie (HSAN)
      • Multisystematrophie
      • Autonome Störungen bei anderen Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus)

    Symptome

    • Ptosis
      • kann in 10-15% der Fälle fehlen
    • Miosis
    • Anisokorie
      • meist gering ausgeprägt (1-2mm)
    • Enophthalmus (scheinbar)
      • Schwäche des M. tarsalis inferior mit Hebung des Unterlids
      • Upside-down Ptosis
    • Anhidrose des Gesichts und des Arms (bei Affektion des 2. Neurons)
    • Gel. Rötung des Auges durch Hyperämie der Bindehaut (Überwiegen parasympathischer Fasern) im frühen Stadium
    • Irisheterochromie
      • Fehlende Pigmentation bei angeborerenem oder früh erworbenem Horner-Syndrom
    • Bei Affektion des ersten sympathischen Neurons meistens begleitende Hirnstamm- oder Halsmarksymptomatik

      Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung

      • Ptosis nicht bei jedem Patienten nachweisbar
      • Anisokorie gering ausgeprägt
      • Besondere Untersuchung der Schweißsekretion (siehe auch unten)
      • Rötung des Auges (Siehe auch "Symptome")
      • Untersuchung der Pupillendilatation im Dunkeln
        • Untersuchung nach wenigen Sekunden (Auftreten innerhalb der ersten 5 Sekunden)
        • Verlangsamte Dilatation (Dilatationsverzögerung) des betroffenen Auges („Dilatation lag“)
        • Vorübergehende Zunahme der Anisokorie
        • Nach ca. 10 bis 20 Sekunden ist Anisokorie im Dunkeln nicht mehr nachweisbar
        • Wiederholte Testung erhöht die Sensitivität
        • Nur in ca. 50% pathologische Testergebnisse

        Diagnostik

        Nachweis Horner-Syndrom

        • Kokain 2,5-5%, 1-2 Tropfen (Sympathomimetikum)
          • Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin mit konsekutiver Mydriasis
          • Applikation von Kokaintropfen in beide Augen
          • Bei Nachweis einer Anisokorie von 1mm und mehr nach 1h, Beweis eines Horner-Syndroms
          • Anisokorie unter 0,3mm, wahrscheinlich physiologische Anisokorie
          • Auf gesundem Auge zusätzlich Lidretraktion
          • Leichte Pupillenerweiterung bei zentralem Horner-Syndrom (nicht alle sympathischen Fasern geschädigt)
        • Alternativ Gabe von Apraclonidin (0,5-1%) (Sympathomimetikum)

        Differenzierung prä- oder postganglionäres Horner-Syndrom

        • Pholedrin (5%) oder Hydroxyamphetaminhydrochlirid (1%) – führt zu Ausschüttung von Noradrenalin aus 3. Sympathischen Neuron
        • Bei postganglionärer Schädigung fehlende Freisetzung von Noradrenalin und somit fehlende Dilatation der Pupille
        • Bei zentraler und präganglionärer Schädigung Nachweis einer Mydriasis
        • Durchführung des Tests erst 3 Tage nach Kokaintest    

         

        Schweißtests

        • Sympathischer Hautreflex zu den Händen (ulnare Ableitung)
        • Minorschweißtest  (Jod-Stärke Reaktion nach Minor)
          • Bestreichen der Haut mir einer Jodlösung Gesicht (Wange, Stirn), Arm, Hand, Oberkörper
          • Auftragen von Stärkepulver
          • Dunkelblaue Verfärbung in Arealen mit erhaltener Schwitzreaktion
          • Bei zentralem Horner-Syndrom
            • Nachweis einer halbseitigen Hypohidrosis (ipsilateral)
          • Bei präganglionärer Schädigung (2. Neuron)
            • Halbseitige Hypohidrosis oder Anhidrose
          • Postganglionäre Schädigung
            • Hypohidrosis oder Anhidrose des Gesichts (ipsilateral)
            • Je distaler die Schädigung desto kleiner ist das betroffene Areal
            • Orbitale Sympathikusschädigung geht nicht mit einer Schweißsekretionsstörung einher

         

        Weitere Diagnostik

        • Untersuchungen richten sich nach Läsionsort (siehe oben)
        • Ultraschalldiagnostik der Arteria carotis (Frage Dissektion/Aneurysma)
        • Kernspin- oder CT-Angiographie bei V.a. Dissektion der Arteria carotis   
        • Kernspintomographie des oberen Thorax oder Mediastinum, Hals
        • Kernspintomographie des Kopfes (Hirnstamm, Orbita, Schädelbasis)
        • Kernspintomographie der oberen BWS/HWS
        • Kernspintomographie des Plexus brachialis
        • Bei Kindern Diagnostik hinsichtlich eines Neuroblastoms
          • Katecholamine im Urin

        V.a. beidseitiges Hornder-Syndrom

        • Schwierige Diagnostik
        • Verzögerte Dilatation der Pupillen im Dunkeln nach Lichtreiz

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          • Sympathomimetika

          Differenzialdiagnose

          Anisokorie

          • Sphinkterschädigung nach Trauma, Glaukom, Entzündung (Zoster ophthalmicus), intraokuläre Tumoren, intrakranielle Drucksteigerung
          • Pupillotonie
          • Parinaud-Syndrom
          • Argyll-Robertson-Syndrom