Schwangerschaft, Stillzeit und Kontrazeption bei Epilepsien

Schwangerschaft und Epilepsie

  • Risiko von Fehlbildungen bei Epilepsien prinzipiell erhöht (Faktor 2-3)
  • Gefahr für Kind und Mutter durch Anfälle höher als durch medikamentös bedingte Fehlbildungen!
  • Anfallshäufigkeit
    • Verlauf variabel (meist unveränderte Anfallshäufigkeit, Zunahme aber auch Abnahme der Anfallsfrequenz möglich)
      • Ca. 65% unverändert
      • Ca. 15% Zunahme
      • Ca. 15% Abnahme

SUDEP in Schwangerschaft

  • Häufigkeit ca. 9-fach erhöht1
  • Ursachen
    • Unregelmäßige Medikamenteneinnahme
    • Reduktion der Medikation aus Angst vor negativen Auswirkungen auf den Foetus
    • Absetzen der Medikation
    • Spiegelveränderungen (Spiegelabfall insbesondere unter LTG, LEV, OXC, CBZ - siehe unten)
    • Schlafentzug
    • Hormonelle und metabolische Veränderungen
    • Perinatale Anfälle, z.B. bei prolongierter Geburt und versehentliches Auslassen der Medikation

Planung einer Schwangerschaft

  • Aufklärung der Patientin
    • Risikoprofil der Medikamente
    • Spiegelveränderung im RAhmen der Schwangerschaft - siehe unten
  • Prophylaxe mit Folsäure 5mg/die (mind. 3 Monate vor geplanter Schwangerschaft beginnen!)
  • Gabe der Antikonvulsiva in mehreren Tagesdosen (3x) (Spiegelspitzen vermeiden)
  • Möglichst Monotherapie
  • Niedrige Dosen wählen, soweit möglich
  • Spiegelbestimmung
    • Spiegel vor Schwangerschaft als Referenz
    • Nach Eintritt der Schwangerschaft nach Woche 1, danach monatlich
    • Spiegelbestimmungen zur selben Uhrzeit
    • Typischerweise Spiegelabfall von Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Phenytoin, Topiramat, Zonisamid
    • Evtl. Dosisanpassung - Dosiserhöhung häufig erforderlich!
  • Vitamin K Prophylaxe für Kind nach Geburt (Bei Enzyminduktoren)
  • Letzte 4 Wochen der Geburt Konakioneinnahme (10mg/Tag) bei Enzyminduktoren (Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon)

Antiepileptika in der Schwangerschaft

Lamotrigin

  • Aktuell neben Levetiracetam günstigste Daten
  • Fehlbildungen möglicherweise dosisabhängig
    • >200 mg Lamotrigin Risiko möglicherweise leicht erhöht
  • Medikamentenspiegel von Lamotrigin fällt in der Schwangerschaft ab
    • Spiegelabfall am stärksten im ersten Trimenon
    • Spiegelkontrollen in den ersten 3 Monaten sinnvoll (ca. alle 4 Wochen)
    • Dosisanpassung spiegelgesteuert!
    • Spiegelbestimmung vor Schwangerschaft aus diesem Grund sinnvoll
    • Wenig Daten bezüglich

Levetiracetam

  • Geringe Fehlbildungsrate
  • Kaum Dosisanhängigkeit
  • Medikamentenspiegel von Levetiracetam fällt in der Schwangerschaft ab
    • Stärkster Abfall in den ersten 3 Monaten
    • Spiegelkontrollen in den ersten 3 Monaten sinnvoll (ca. alle 4 Wochen)
    • Dosisanpassung spiegelgesteuert bei Abfall sinnvoll
    • Cave:
      • Spiegelbestimmung wegen kurzer Halbwertszeit schwierig
      • Spiegelbestimmung immer zur selben Uhrzeit nach Medikamenteneinnahme erforderlich!
    • Wenig Daten zur Dosisanpassung von LEV in der Schwangerschaft

Oxcarbazepin

  • Geringe Fehlbildungsrate ca. 3%
  • Medikamentenspiegel von Oxcarbazepin fällt in der Schwangerschaft ab
    • Stärkster Abfall in den ersten 3 Monaten
    • Spiegelkontrollen in den ersten 3 Monaten sinnvoll (ca. alle 4 Wochen)
    • Dosisanpassung spiegelgesteuert bei Abfall sinnvoll

Carbamazepin

  • Fehlbildungsrate ca. 5,5%
  • Fehlbildungsrate dosisabhängig
    • <700mg ca. 4,5%
    • >700mg ca. 7,2%
  • Leichter Abfall des Carbamazeoinspiegels im letzten Trimenon
  • "Freies Carbamazepin" während Schwangerschaft unverändert
  • Spiegelkontrollen und somit Dosisanpassung während SS wohl eher nicht sinnvoll

Valproat

 

Geburt und Postpartalzeit

Geburt bei Epilepsiepatienten

  • Geburt sollte unbedingt in einer Klinik erfolgen
  • Eine Kinderklinik sollte aufgrund möglicher Komplikationen direkt an die Klinik angeschlossen sein
  • Normale Geburt bei gut eingestelter Epilepsie möglich, sonst Sectio
  • Verhinderung Schlafentzug soweit möglich

Postpartalzeit

  • Vermeidung der Verletzung des Kindes (Sturzgefahr bei Anfällen)
    • Wickeln auf Boden
    • Kinderwagen mit automatischer Bremse
    • Baden nur in flachem Wasser o. unter Beisein einer 2ten Person
    • Fahrradtransport in Anhänger (nicht Kinderfahrradsitz)

Stillzeit unter Antiepileptikaeinnahme

  • Je höher die Plasmaeiweißbindung, desto geringer Übergang in Milch
  • Übergang der meisten Antiepileptika in Muttermilch (ESM, LEV, LTG, TPM, GBP, OXC, PRM, ZNS)
  • Stillen dennoch möglich
  • Wegen potentiell sedierender Wirkung keine Einnahme von Phenobarbital (Luminal®), Primidon (Liskantin®)

Kontrazeption unter Antiepileptikaeinnahme

Keine Beeinflussung oraler Kontrazeptiva bei

  • Gabapentin, Lacosamid, Levetiracetam, Pregabalin, Tiagabin, Topiramat (<200mg), Valproat, Vigabatrin, Zonisamid (Zonegran®), Perampanel (Fycompa®) (nur bis 10mg)
  • Gering auch: Ethosuximid (Petnidan®)

Beeinflussung der Kontrazeption unter

  • Carbamazepin, Eslicarbazepin, Felbamat, Lamotrigin, Oxcarbazepin, Phenobarbital (Luminal®), Phenytoin (Phenhydan®) , Primidon (Liskantin®), Rufinamid (Inovelon®), Topiramat (>200mg), Perampanel (Fycompa®) (ab 12 mg bei gestagenhaltigen Pillen)

Verbesserung der oralen Kontrazeption möglich durch

  • Kontinuierliche Einnahme eines monophasischen oralen Kontrazeptivums
  • Einnahme eines Gestagen betonten oralen Kontrazeptivums
  • Keine Einnahme sog. "Minipillen"
  • Kontrazeption durch "Spirale"
    • Günstig: Gestagen-beschichtete Kupferspirale

EURAP-Schwangerschaftsregister

Literatur

  1. Edey S, Moran N, Nashef L. SUDEP and epilepsy-related mortality in pregnancy. Epilepsia. 2014 Jul;55(7):e72-4. (PDF open access)
  2. Eadie MJ, Vajda FJ. Should valproate be taken during pregnancy? Ther Clin Risk Manag. 2005 Mar;1(1):21-6.  (PDF open access)