Myotonia congenita Thomsen (ICD-10 G71.12)
Nichtdystrophe Myotonie, Thomsen Erkrankung
Historisches
- Erstbeschreibung 1876 durch den dänischen Arzt Asmus Julius Thomas Thomsen (1815-1896)
- Thomsen beschrieb Symptomatik an über 20 Angehörigen der eigenen Familie
- Thomsen litt selbst sein Leben lang an einer Muskelsteifigkeit und Muskelkrämpfen
- 1881 Prägung des Begriffs Myotonia congenita durch Erst Adolf Gustav Gottfried von Strümpell (1853-1925)
- Der Begriff Thomsen Erkrankung wurde von Karl Friedrich Otto Westphal 1883 eingeführt
Genetik
- Chromosom 7q34
- Mutation im CLCN-1 Gen
- Autosomal-dominanter Erbgang
- OMIM-Datenbank 160800
Epidemiologie
- Prävalenz ca. 1:400.000
- Manifestation im Kleinkindalter
Pathophysiologie
- Nichtdystrophe Chloridkanalmyotonie
- Steuerung der Chloridleitfähigkeit durch CLCN-1 Chloridkanal
- Bei Myotonia congenita Thomsen Mutation im CLCN-1 Gen
- Eingeschränkte Stabilität der Muskelmembran durch Störung der Chloridleitfähigkeit,
- Hierdurch instabiles Ruhemembranpotenzial mit erhöhter Exzitabilität
Symptome
- Durch Myotonie ausgelöste Muskelsteifigkeit
- Im Kindesalter gehäufte Stürze und Ungeschicklichkeit beim Greifen
- Symptomatik geringer ausgeprägt als Myotonia congenita Becker
- Gel. Warm-Up Phänomen (s.u.)
- Lid-Lag: Verzögerte Lidöffnung nach forciertem Augenschluß
Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung
- Myotonie mit Adduktion durch Perkussion des Daumenballens
- Verzögerte Öffnung der Faust nach forciertem Faustschluß
- Prüfung Warm-Up (Besserung der Myotonie nach wiederholter Muskelaktivität)
- Schwierigkeiten beim schnellen Aufstehen, Treppensteigen, schnellen Laufen
- Ausprägungsgrad der Symptomatik sehr variabel
Diagnostik
Elektromyographie
- Myotone Entladungen
Laboruntersuchungen
- Genetische Diagnostik (Siehe Genetik)
- Creatinkinase (max. 5 fach erhöht)
- Transaminasen
Therapie (Detaillierte Informationen nach Login)
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1. Wahl
- Mexiletin
- Flecainid
- Propafenon
2. Wahl
- Carbamazepin (retard)
- Lamotrigin
- Phenytoin
Alternativ
- Dichlorphenamid
- Azetazolamid
- Ranolazin
Nicht-medikamentöse Therapie
- Physiotherapie und Ergotherapie abhängig vom Schweregrad der Erkrankung
Verlauf
- Myotonie weitgehend unverändert im Krankheitsverlauf
- Normale Lebenserwartung
Differenzialdiagnose
- Kaliumsensitive Myotonien, Myotonia congenita Becker
Literatur
- Thomsen, J. Tonische Kraempfe in willkuerlich beweglichen Muskeln in Folge von ererbter psychischer Disposition: Ataxia muscularis? Arch. Psychiat. Nervenkr. 6: 702-718, 1876.