News aus dem Fachbereich Neurologie

Deutscher Schmerzkongress 2022 in Mannheim

Unter dem Titel  „Schmerzmedizin heute und morgen: Bilanz und Ausblick“ fand der diesjährige Deutsche Schmerzkongress der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft  e.V. (DMKG) vom 19. bis 22. Oktober 2022 hybrid in Mannheim statt.

Im Rahmen eines abwechslungsreichen Programms gaben ausgewählte Expertinnen und Experten Einblick in den Forschungsstand und aktuelle Entwicklungen in der Schmerztherapie. Insbesondere im Fokus: Innovationen in der Versorgungsforschung und die Patientenzentriertheit wissenschaftlicher Ansätze. Auf dem im Rahmen des Kongresses angebotenen und von zahlreichen Patientenorganisationen unterstützten  „Patiententag: Aktiv gegen den Schmerz“ lieferten Schmerzexperten Betroffenen wertvolle Informationen über physio- und psychotherapeutische Therapien, um chronischen Schmerzen entgegenzuwirken. Gerade im Hinblick auf Patienten mit chronischen Schmerzen sei idealerweise die Expertise und Kooperation von Medizinern, Psychologen und Physiotherapeuten notwendig, erklärte Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Ulrike Kaiser, psychologische Psychotherapeutin Verhaltenstherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden und Universitätsklinikum Schleswig-Holstein sowie Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2022.

Wir liefern Ihnen einen Überblick über weitere Themenschwerpunkte des Kongresses:

Christine Thilmann | 22.10.2022

 

Strategie gegen die Chronifizierung des Kopfschmerzes nach Schädel-Hirn-Trauma

Schädel-Hirn-Traumata - von leichten Gehirnerschütterungen bis hin zu Frakturen des Schädelknochens - gehen häufig mit akuten Kopfschmerzen einher. Dauern sie länger als vier Wochen an, gilt es, einer drohenden Chronifizierung entgegenzuwirken. „Wenn der Schmerz sich erst einmal verselbständigt hat, ist ihm nur noch schwer beizukommen“, betonte PD Dr. med. Torsten Kraya, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum St. Georg in Leipzig und Kongresspräsident des Deutschen Schmerzkongresses 2022. Zu beobachten sei, dass auch leichte – sogar eher als schwere - Traumata persistierende Kopfschmerzen zur Folge haben können. Das Augenmerk ist dabei auf Patientinnen und Patienten zu richten, die Risikofaktoren für chronifizierten Kopfschmerz aufweisen, wie insbesondere eine bereits vorbestehende Kopfschmerz-/Migräneerkrankung, ein jüngeres Lebensalter und das weibliche Geschlecht. Für solche Personen empfiehlt sich eine möglichst frühzeitige Behandlung mit einem multimodalen Therapieansatz, der neben einer Schmerztherapie auch verhaltenstherapeutische Elemente sowie gegebenenfalls die gezielte Aktivierung durch Physiotherapie umfasst.

 

A-IMA - Neue Versorgungsform mit interdisziplinärem Ansatz zur Prävention chronischer Schmerzen

Wertvolle Hilfestellung zur Prävention chronischer Schmerzen bietet eine neue gesundheitliche Versorgungsleistung mit interdisziplinärem Ansatz, die Prof. Dr. med. Winfried Meißner, Präsident der deutschen Schmerzgesellschaft e.V., auf dem Deutschen Schmerzkongress 2022 vorstellte: A-IMA, das ambulante interdisziplinäre multimodale Assessment, hervorgegangen aus einem gemeinsamen Projekt (PAIN 2020) der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. mit der Barmer Ersatzkasse und Partnerkliniken. A-IMA zielt auf eine Intervention, bevor Schmerzen chronisch werden, und besteht „im Kern in einer frühzeitigen, umfassenden interdisziplinären Untersuchung von Betroffenen durch ein Team aus erfahrenen ärztlichen, psychologischen und psychotherapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, so der Schmerzexperte. Nach Durchführung eines solchen Assessments in einer der über zwanzig spezialisierten Partnerkliniken in Deutschland kehrt der Patient mit einer persönlich erarbeiteten Diagnose sowie einem konkreten Konzept individuell angepasster Therapiestrategien zurück in die Behandlung des Haus- oder Facharztes. BARMER-Versicherte können A-IMA bereits jetzt in Anspruch nehmen, der Beitritt weiterer Kassen ist geplant; gezielte Nachfragen von Patienten- und Behandlerseite dürften der wünschenswerten Entwicklung hin zur allgemeinen Kassenleistung Vorschub leisten.

 

Hinweis auf gewisse positive Effekte der Cannabis-Therapie bei chronischem Schmerz

Nach Abschluss einer auf fünf Jahre angelegten Begleiterhebung zeigen erste vom BfArM hierzu veröffentlichten Daten, dass der chronische Schmerz mit einem Anteil von ¾ der Behandlungen offenbar die häufigste Indikation für eine cannabis-haltige Medikation darstellt, berichtete Prof. Dr. med. Frank Petzke, Leiter der Schmerzmedizin an der Klinik für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Göttingen und Sprecher der ad-hoc-Kommission „Cannabis in der Medizin“ der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. auf dem Deutschen Schmerzkongress 2022. Nach Durchführung eines obligatorischen Genehmigungsverfahrens sei meist das Cannabis-Arzneimittel Dronabinol zur Anwendung gekommen; deutlich seltener wurden Cannabis-Blüten mit höherem THC-Gehalt - vor allem an jüngere männliche Patienten - abgegeben. Zum Teil seien von Ärzteseite tatsächlich gewisse positive Effekte bei schwerwiegenden Erkrankungen und starken Schmerzen rückgemeldet worden. „Bei chronischen Schmerzen und in der Palliativmedizin sollte es daher weiterhin möglich sein, medizinisches Cannabis ohne großen bürokratischen Aufwand zu verschreiben“, meinte Prof. Petzke, der sich im Übrigen für die Durchführung eines evidenzbasierten Zulassungsverfahrens ausspricht, um auf repräsentative Daten zurückgreifen zu können.

 

CGRP - Revolution in der Migränetherapie

CGRP-basierte Therapien und ihre neuesten Möglichkeiten insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Migräneattacken waren Thema zahlreicher Veranstaltungen auf dem deutschen Schmerzkongress 2022 in Mannheim. Das Calcitonin Gene-Related Peptide, kurz CGRP, spielt bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Chronifizierung der Migräne eine bedeutsame Rolle: Werden das CGRP oder sein Rezeptor blockiert, kann der Migräneschmerz ausgeschaltet werden. Nachdem die bereits seit Jahren gegen Migräne eingesetzten Triptane die Freisetzung des CGRP indirekt verhindern, hatte man mit der Weiterentwicklung von Medikamenten, die das CGRP direkt blockieren, den sog. Gepanten, aufgrund der dabei aufgetretenen Leberschäden zunächst einen Rückschlag erlitten. Revolutionär ist nunmehr die gezielte Blockade des CGRP-Signalwegs durch nebenwirkungsarme monoklonale Antikörper, die das CGRP selbst oder den Rezeptor blocken und somit prophylaktisch wirken. Für die Patienten bringt diese Therapie eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität; nach einjähriger Dauermedikation normalisiert sich offenbar bei manchen Patienten sogar das sog. Schmerzgedächtnis, so dass die Therapie beendet werden kann, ohne dass erneut Migräneattacken auftreten. „Auf dem deutschen Markt gibt es mittlerweile vier Antikörper, die meist innerhalb der ersten zwei Behandlungswochen zu einer deutlichen Verbesserung der Migräneattacken führen und dazu kaum Nebenwirkungen haben“, berichtete Dr. med. Robert Fleischmann, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Greifswald. Geforscht werden nun, „ob CGRP-basierte Signalwege auch bei anderen Kopfschmerzarten oder sogar anderen chronischen Schmerzerkrankungen eine therapeutische Rolle spielen können“, erklärte Fleischmann und verwies auf erste Ergebnisse im Hinblick auf Cluster-Kopfschmerzen.

Deutscher Schmerzkongress 2022 in Mannheim

Unter dem Titel  „Schmerzmedizin heute und morgen: Bilanz und Ausblick“ fand der diesjährige Deutsche Schmerzkongress der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft  e.V. (DMKG) vom 19. bis 22. Oktober 2022 hybrid in Mannheim statt.

Im Rahmen eines abwechslungsreichen Programms gaben ausgewählte Expertinnen und Experten Einblick in den Forschungsstand und aktuelle Entwicklungen in der Schmerztherapie. Insbesondere im Fokus: Innovationen in der Versorgungsforschung und die Patientenzentriertheit wissenschaftlicher Ansätze. Auf dem im Rahmen des Kongresses angebotenen und von zahlreichen Patientenorganisationen unterstützten  „Patiententag: Aktiv gegen den Schmerz“ lieferten Schmerzexperten Betroffenen wertvolle Informationen über physio- und psychotherapeutische Therapien, um chronischen Schmerzen entgegenzuwirken. Gerade im Hinblick auf Patienten mit chronischen Schmerzen sei idealerweise die Expertise und Kooperation von Medizinern, Psychologen und Physiotherapeuten notwendig, erklärte Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Ulrike Kaiser, psychologische Psychotherapeutin Verhaltenstherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden und Universitätsklinikum Schleswig-Holstein sowie Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2022.

Wir liefern Ihnen einen Überblick über weitere Themenschwerpunkte des Kongresses:

Christine Thilmann | 22.10.2022

 

Strategie gegen die Chronifizierung des Kopfschmerzes nach Schädel-Hirn-Trauma

Schädel-Hirn-Traumata - von leichten Gehirnerschütterungen bis hin zu Frakturen des Schädelknochens - gehen häufig mit akuten Kopfschmerzen einher. Dauern sie länger als vier Wochen an, gilt es, einer drohenden Chronifizierung entgegenzuwirken. „Wenn der Schmerz sich erst einmal verselbständigt hat, ist ihm nur noch schwer beizukommen“, betonte PD Dr. med. Torsten Kraya, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum St. Georg in Leipzig und Kongresspräsident des Deutschen Schmerzkongresses 2022. Zu beobachten sei, dass auch leichte – sogar eher als schwere - Traumata persistierende Kopfschmerzen zur Folge haben können. Das Augenmerk ist dabei auf Patientinnen und Patienten zu richten, die Risikofaktoren für chronifizierten Kopfschmerz aufweisen, wie insbesondere eine bereits vorbestehende Kopfschmerz-/Migräneerkrankung, ein jüngeres Lebensalter und das weibliche Geschlecht. Für solche Personen empfiehlt sich eine möglichst frühzeitige Behandlung mit einem multimodalen Therapieansatz, der neben einer Schmerztherapie auch verhaltenstherapeutische Elemente sowie gegebenenfalls die gezielte Aktivierung durch Physiotherapie umfasst.

 

A-IMA - Neue Versorgungsform mit interdisziplinärem Ansatz zur Prävention chronischer Schmerzen

Wertvolle Hilfestellung zur Prävention chronischer Schmerzen bietet eine neue gesundheitliche Versorgungsleistung mit interdisziplinärem Ansatz, die Prof. Dr. med. Winfried Meißner, Präsident der deutschen Schmerzgesellschaft e.V., auf dem Deutschen Schmerzkongress 2022 vorstellte: A-IMA, das ambulante interdisziplinäre multimodale Assessment, hervorgegangen aus einem gemeinsamen Projekt (PAIN 2020) der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. mit der Barmer Ersatzkasse und Partnerkliniken. A-IMA zielt auf eine Intervention, bevor Schmerzen chronisch werden, und besteht „im Kern in einer frühzeitigen, umfassenden interdisziplinären Untersuchung von Betroffenen durch ein Team aus erfahrenen ärztlichen, psychologischen und psychotherapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, so der Schmerzexperte. Nach Durchführung eines solchen Assessments in einer der über zwanzig spezialisierten Partnerkliniken in Deutschland kehrt der Patient mit einer persönlich erarbeiteten Diagnose sowie einem konkreten Konzept individuell angepasster Therapiestrategien zurück in die Behandlung des Haus- oder Facharztes. BARMER-Versicherte können A-IMA bereits jetzt in Anspruch nehmen, der Beitritt weiterer Kassen ist geplant; gezielte Nachfragen von Patienten- und Behandlerseite dürften der wünschenswerten Entwicklung hin zur allgemeinen Kassenleistung Vorschub leisten.

 

Hinweis auf gewisse positive Effekte der Cannabis-Therapie bei chronischem Schmerz

Nach Abschluss einer auf fünf Jahre angelegten Begleiterhebung zeigen erste vom BfArM hierzu veröffentlichten Daten, dass der chronische Schmerz mit einem Anteil von ¾ der Behandlungen offenbar die häufigste Indikation für eine cannabis-haltige Medikation darstellt, berichtete Prof. Dr. med. Frank Petzke, Leiter der Schmerzmedizin an der Klinik für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Göttingen und Sprecher der ad-hoc-Kommission „Cannabis in der Medizin“ der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. auf dem Deutschen Schmerzkongress 2022. Nach Durchführung eines obligatorischen Genehmigungsverfahrens sei meist das Cannabis-Arzneimittel Dronabinol zur Anwendung gekommen; deutlich seltener wurden Cannabis-Blüten mit höherem THC-Gehalt - vor allem an jüngere männliche Patienten - abgegeben. Zum Teil seien von Ärzteseite tatsächlich gewisse positive Effekte bei schwerwiegenden Erkrankungen und starken Schmerzen rückgemeldet worden. „Bei chronischen Schmerzen und in der Palliativmedizin sollte es daher weiterhin möglich sein, medizinisches Cannabis ohne großen bürokratischen Aufwand zu verschreiben“, meinte Prof. Petzke, der sich im Übrigen für die Durchführung eines evidenzbasierten Zulassungsverfahrens ausspricht, um auf repräsentative Daten zurückgreifen zu können.

 

CGRP - Revolution in der Migränetherapie

CGRP-basierte Therapien und ihre neuesten Möglichkeiten insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Migräneattacken waren Thema zahlreicher Veranstaltungen auf dem deutschen Schmerzkongress 2022 in Mannheim. Das Calcitonin Gene-Related Peptide, kurz CGRP, spielt bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Chronifizierung der Migräne eine bedeutsame Rolle: Werden das CGRP oder sein Rezeptor blockiert, kann der Migräneschmerz ausgeschaltet werden. Nachdem die bereits seit Jahren gegen Migräne eingesetzten Triptane die Freisetzung des CGRP indirekt verhindern, hatte man mit der Weiterentwicklung von Medikamenten, die das CGRP direkt blockieren, den sog. Gepanten, aufgrund der dabei aufgetretenen Leberschäden zunächst einen Rückschlag erlitten. Revolutionär ist nunmehr die gezielte Blockade des CGRP-Signalwegs durch nebenwirkungsarme monoklonale Antikörper, die das CGRP selbst oder den Rezeptor blocken und somit prophylaktisch wirken. Für die Patienten bringt diese Therapie eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität; nach einjähriger Dauermedikation normalisiert sich offenbar bei manchen Patienten sogar das sog. Schmerzgedächtnis, so dass die Therapie beendet werden kann, ohne dass erneut Migräneattacken auftreten. „Auf dem deutschen Markt gibt es mittlerweile vier Antikörper, die meist innerhalb der ersten zwei Behandlungswochen zu einer deutlichen Verbesserung der Migräneattacken führen und dazu kaum Nebenwirkungen haben“, berichtete Dr. med. Robert Fleischmann, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Greifswald. Geforscht werden nun, „ob CGRP-basierte Signalwege auch bei anderen Kopfschmerzarten oder sogar anderen chronischen Schmerzerkrankungen eine therapeutische Rolle spielen können“, erklärte Fleischmann und verwies auf erste Ergebnisse im Hinblick auf Cluster-Kopfschmerzen.

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