Australien 2020
Nach einem Schlaganfall dement, fristet die einst so engagierte und erfolgreiche June Wilton (Noni Hazlehurst) ihren Lebensabend schon einige Jahre in einem Pflegeheim. Weder erkennt sie ihre Angehörigen, noch weiß sie einen ihr gezeigten Kugelschreiber zu benennen. Überraschend und quasi über Nacht erlebt sie dann jedoch eine mehrtägige Phase erstaunlicher Klarheit. Sie entflieht dem Heim und sucht ihr altes Leben, - das es so nicht mehr gibt: Ihr Haus verkauft; ihre Kinder zerstritten, der glücklich verheiratete und erfolgreiche Sohn (Stephen Curry) geschieden und als Aushilfe im Copyshop tätig; ihre einst florierende Tapetenmanufaktur in den Händen eines profitgierigen Managers, der auf Billigware setzt, …June fackelt nicht lange und nutzt - unter den kritischen Augen ihrer sie liebevoll umsorgenden Tochter Ginny (Claudia Karvan) - das ihr verbleibende Zeitfenster, um ihre Familie wieder zusammenzuführen und die Dinge wieder in die richtige Bahn zu bringen. Letztlich muss sie erkennen, dass sie ihren Kindern vertrauen und sie ihren Weg gehen lassen muss. Bevor sich June wieder in ihrer Demenz verliert, lüftet sich schließlich das Geheimnis ihrer großen Liebe, auf die sie in jungen Jahren der Familie wegen verzichtet hatte...
Mit diesem tragisch-komischen Film gelingt es dem Regisseur JJ Winlove, für die Bedeutung des Gedächtnisses und der Erinnerung im Kontext mit Familienkonstellationen zu sensibilisieren und das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wichtig es ist, Vertrauen zu schenken und zusammenzuhalten. Mag auch eine solche dauerhafte Phase völliger Klarheit nach jahrelanger dementieller Symptomatik aus medizinischer Sicht wenig realistisch sein, ermöglicht sie es doch, das Leben und den Lauf der Zeit über die Generationen hinweg aus einem anderen – ungewohnten - Blickwinkel heraus zu beleuchten. Nicht zuletzt dank der hervorragenden und in Australien sehr bekannten Schauspieler Hazlehurst, Karvan und Curry sowie der stimmungsvollen Szenen berührt dieser Film, der den Zuschauer an die Kraft der Liebe und die Wichtigkeit des Loslassens erinnert.
© Christine Thilmann | Neurologienetz.de