Temporallappenepilepsie (ICD-10 G40.2)

Schläfenlappenepilepsie, psychomotorische Epilepsie

Ätiologie

  • Ursprung meist in Amygdala/Hippocampus
  • Hippocampussklerose, Gliome, Arteriovenöse Malformationen, Astrozytome, Oligodendrogliome, cerebrovaskuläre Erkrankungen, Enzephalitis (z.B. Herpes simplex), Traumen
  • Neokortikale Temporallappenepilepsie (selten familiär)

Epidemiologie

  • Auftreten meist im Kindes und jungen Erwachsenenalter
  • Im höheren Erwachsenenalter häufig symptomatische Genese

Klinik

Anfallsarten

Einfach fokale Anfälle

Komplex fokale Anfälle

  • Häufigkeit: Mehrere Anfälle pro Monat - mehrer Anfälle pro Tag
  • Generalisierung der Anfälle selten
  • Dauer: 1-3 Minuten
  • Unterscheidung in mesiale und laterale Temporallappenanfälle anhand der Semiologie schwierig
  • Aura: (sind bei TLE häufig)
    • Abdominell (aufsteigendes Gefühl im Bauch), visuelle o. auditive Halluzinationen, vestibuläre Symptomatik, Sprachstörungen, versive Kopfbewegungen
    • Psychische Symptomatik: Traumhaftes Erleben (dreamy state), Déjà-vu, Jamais-vu Erleben, Angst, Freude, Wut
    • Autonome Symptomatik: Übelkeit, Dyspnoe, Herzklopfen, Hunger, Speichelfluß
  • Starrer Blick, „Innehalten", Pupillen zentral
  • Bewußtseinsstörung (mit Amnesie), langsam entwickelnd und sich nach Anfall langsam lösend
  • Motorische Handlungen: Nesteln, gestikulieren
  • Orale Automatismen (Lecken, Kauen, Schmatzen...)
  • Postiktale Desorientiertheit, Müdigkeit, Unruhe (gel. bis zu Stunden anhaltend)
  • Kurzzeitgedächtnisstörungen

Sekundär generalisierte Anfälle

Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung

  • Ausschluß/Nachweis fokal neurologischer Defizite bei V.a. symptomatische Genese

Medikamentöse Therapie

  • Siehe auch unter Zulassungen
  • Die Wahl des Medikaments sollte stets auch patientenorientiert bzw. am Nebenwirkungsprofil ausgerichtet sein, daher sind die Empfehlungen insbesondere bei Antiepileptika nie allgemeingültig

1. Wahl

  • Lamotrigin
  • Levetiracetam
  • Lacosamid
  • Zonisamid
  • Eslicarbazepin

2. Wahl

  • Carbamazepin
  • Cenobamat
  • Oxcarbazepin
  • Topiramat
  • Valproat
  • Gabapentin
  • Pregabalin

3. Wahl

  • Phenytoin
  • Phenobarbital
  • Primidon
  • Felbamat
  • Vigabatrin 

Procedere

  • EEG:
    • Einseitig oder beidseitige temporale Spikes oder Spike-Waves
  • Ev. Langzeit-EEG
  • MRT-Kopf - hochauflösend
  • Ev. weitere Abklärung bei V.a. Vaskulitis, SVT o.ä.
  • Patientenaufklärung: Fahrtauglichkeit, Arbeitstätigkeit, Lebensführung...
  • Vorstellung in Epilepsiezentrum meist im Verlauf erforderlich
  • Abklärung Operationsindikation:
    • Intrakranielles EEG
    • ev. FDG-PET
    • HMPAO-SPECT

Verlauf

  • "Pharmakoresistenz" häufig
  • Operation, bei entsprechender Indikation, nicht zu lange hinauszögern

Differentialdiagnose

  • Epilepsien des Frontal- o. Parietallappens, Absence, Transiente globale Amnesie (TGA), Synkopen

Weiterführende Literatur

  • <link medien literatur-dvds category epilepsie-1>Die Epilepsien - Schattauer Verlag 2004