Herpes-Simplex-Enzephalitis (ICD-10 G05.1/B00.4)

Pathologie

  • Ca. ein Drittel durch primäre Infektion, Patienten dann typischerweise < 18 Jahre
  • Ansonsten endogene Reaktivierung einer Herpes-Infektion (Persistenz von HSV-1 im Ganglion trigeminale oder Bulbus olfactorius)
  • Befall des Gehirns erfolgt durch direkte neuronale Transmission
  • Selten Herpes labialis gleichzeit mit HSV-Enzephalitis auftretend
  • Mechanismen der Reaktivierung überwiegend unbekannt
  • Nekrotisierende hämorrhagische Meningoenzephalitis

Epidemiologie

  • HSV-1 Enzephalitis
    • Inzidenz: Ca. 0,2-0,4/100.0000
    • Häufigste virale Enzephalitis in nicht tropischen Ländern
    • Ca. 90% der Fälle
  • HSV-2 Enzephalitis
    • Ca. 10% der Fälle
    • Häufiger bei Immuninkompetenten

Symptome

  • Häufig unspezifisches Prodromalstadium
    • Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen
  • Schleichender Verlauf über Tage aber auch fulminanter Beginn möglich
  • Bewußtseinsstörung – im Verlauf zunehmend
  • Neuropsychologische Symptome:
    • Wesensänderung,  Verwirrtheit, Aggressivität, Gedächtnisstörungen
    • Gel. (pseudo-)psychotische Symptomatik mit Halluzinationen – Cave: Fehldiagnose
  • Fokalneurologische Symptome
    • Aphasie, Apraxie, Hemiparesen
  • Epileptische Anfälle (bis zu 40%)
  • Hirnstammsymptomatik

Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung

  • Meningismus (DD, siehe unten)
  • Bewußtseinsstörung
  • Fokal-neurologische Defizite?
  • Neuropsychologische Untersuchung
  • Internistische Untersuchung auf Primärinfektion (Zur Klärung eventueller Differenzialdiagnosen)

Diagnostik

Liquorbefund

 

  • Zytologie
    • 10-1000 Zellen/μl
    • Cave: Initial granulozytäres Zellbild möglich, initial auch normale oder nur leicht erhöhte Zellzahl möglich
    • Ggf. Nachweis von Erythrozyten (bei hämorrhagischer Enzephalitis) oder Siderophagen
  • Eiweißerhöhung
    • 50-150 mg/dl
  • Glucose und Liquor-Serum-Glucose-Quotient in der Regel normal
  • Selten leichte Glucoseverminderung
  • Laktat
    • Meist normal, selten leichte Erhöhung
  • PCR
    • Nachweis auf Herpesviren
    • Spezifität 100%, Sensitivität >95%
    • Cave: Ggf. in den ersten Krankheitstagen noch negativ, daher bei V.a. auf Herpes-Enzephalitis, Wiederholung der PCR nach 3-4 Tagen
  • Liquor-Serum-AK-Index (Antikörper-spezifische-Index)
    • Inital sehr häufig negativ
    • Index steigt ab dem 10. Krankheitstag deutlich
    • Nach 4 Wochen fast ausnahmslos positiv
    • Hohe Senistivität >97%, Spezifität >75 %
    • Diagnose sollte sich nicht alleine auf den Index stützen!

Zerebrale Bildgebung

  • Zerebrale MRT (CCT ist nicht ausreichend!)
    • Typische bildmorphologische Veränderungen in der cMRT nach 36 bis 48 Stunden
    • Uni- oder bilaterale Hyperintensitäten in T2 (in T1 hypointens) mesialer Temporallappen, Inselkortex, Hippocampus und Amygdala, Gyrus frontalis inferior
    • Einbeziehung des limbischen Systems (Gyrus Cinguli)
    • Früheste Veränderungen in T2-Wichtung sichtbar
    • In DWI eingeschränkte Diffusion "landkartenartig"
  • CCT
    • Während der ersten 4 Tage in der Regel unauffällig, dann Hypodensitäten und Hämorrhagien frontoorbital und temporal

EEG

  • In Frühphase unspezifisch
  • Frontal und temporal Theta-Delta-Verlangsamung
  • Im Verlauf (typischerweise Tag 2-15)
  • Epilepsietypische Aktivität nachweisbar
  • Initial meist einseitig im Verlauf auch beidseitig möglich
  • Cave: EEG in der Früphase ggf. hilfreich zur Differenzierung gegenüber eines akuten psychotischen Schubs

Labor

  • Typischerweise starke Leukozytose
  • CRP nur gering bis mäßig erhöht

Biopsie

  • Nur in Ausnahmefällen erforderlich bei unklarem Liquorbefund

Therapie (Detaillierte Informationen nach Login)

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  • Wichtig: Behandlungsbeginn bereits bei Verdacht auf HSV-Enzephalitis aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes, keine Diagnoseergebnisse abwarten!
  • Antivirale Therapie
    • Aciclovir
  • Bei Aciclovir-Resistenz (Z.b. bei Immunsupprimierten Patienten mit HIV, Organtransplantation
  • Gabe von Foscarvir
  •  Glukokortikoide:
    • Gabe bei kritischem Hirndruck
    • Dexamethason
      • Wiederholte Gabe bis zum klinischen Ansprechen

Verlauf

  • Früher Therapiebeginn entscheidend
  • Bei unklaren Fällen bis zum Ausschluß einer HSVE Gabe von Aciclovir
  • Unbehandelt meist letaler Verlauf (70-80%)
  • Letalität bei früher Behandlung ca. 20%-30%
  • Leichte bis schwere residuale Defizite sehr häufig!
  • Im Verlauf gelegentlich Entwicklung einer Autoimmun-Enzephalitis (Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis)

Differenzialdiagnose

Virale Enzephalitiden

  • FSME, Herpes-zoster-Enzephalitis, Japanische Enzephalitis, Cytomegalievirus-Enzephalitis, PML,,,

Andere cerebrale Infektionskrankheiten

  • Bakterielle Menigitis ( u.a. tuberkulöse Meningitis), Pilzmeningitis, Toxoplasmose
  • Septische Enzephalopathie
  • Hirnabszeß

Zerebrovaskuläre Erkrankungen

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