Trochlearisparese (ICD-10 H49.1 oder G 52.8)
Anatomie
- Innervation des M. Obliquus superior (Senkung des Auges (vor allem bei Adduktion)
- Tritt dorsal Im Bereich der Vierhügelplatte (Höhe obere Pons) aus dem Hirnstamm
- Nervus trochlearis kreuzt zur Gegenseite (versorgt also augenmuskel der Gegenseite)
- Zieht zusammen mit Nervus oculomotorius nach ventral und passiert Sinus cavernosus
- Durchtritt durch Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle
Läsionen
- Prozesse im Kerngebiet
- Vaskulär: Infarkte, Blutungen, arterivenöse MAlformationen
- Traumata
- Kongenital: Aplasie
- Entzündlich: Bei Multipler Sklerose äußerst selten!)
- Orbitafraktur, Schädel-Hirn-Trauma, Schädelbasisfraktur
- Tumoren
- Lokal raumfordernde Tumoren, Metastasen, Meningeosis carcinomatosa
- Gefäßprozesse: Intrakavernöse Aneurysma, Dissektion, Karotis-Sinus-Cavernosus-Fistel, Sinus-cavernosus Thrombose
- Infektionen: Lues, HIV; Borreliose, VZV (Zoster Ophtalmicus), basale Meningitis (z.B. Tuberkulose)
- Systemisch: AIDP (meist bilaterale Parese), Miller-Fisher-Syndrom (bilaterale Parese), CIDP, Amyloidose, Sarkoidose, Riesenzellarteriitis
- Andere
- Diabetische Parese, Tolosa-Hunt-Syndrom, Wernicke-Enzephalopathie bei Vitamin-B1-Mangel
Wichtige klinische Hinweise
- Beidseitige Trochlearisparesen sind fast immer traumatisch
- Selten isoliertes Auftreten einer Trochlearisparese (dann am ehesten diabetisch)
Symptome
Funktion
- Bulbussenkung, Zunahme bei Adduktion, bei Abduktion kaum nachweisbar
- Inversionsbewegung des Auges, Rotation nach nasal
Klinische Symptomatik
- Auge weicht in Primärstellung nach oben ab (Patient gibt schräg , teilweise vertikal stehende Doppelbilder an)
- Zunahme der Doppelbilder bei Blick nach unten und innen
- Verschwinden der Doppelbilder bei Blick nach oben und außen
- Kompensatorische Kopfneigung häufig zur gesunden Seite und leichte Senkung des Kopfes nach unten
- Positives Bielschowsky-Phänomen
- Bei Kopfneigung zu paretischen Seite und Fixation mit gesundem Auge
- Betroffenes Auge weicht nach oben, innen ab
Diagnostik
Computertomographie
- Notfalldiagnostik bei Traumata
Kernspintomographie
- Ischämie, entzündlicher, tumoröser Prozeß im Hirnstamm
- Orbitadünnschichtaufnahmen: Verdickungen der Augenmuskeln (entzündlich, lokale raumfordernde Prozesse)
Kernspinangiographie
- Vaskuläre Prozesse Sinus-caverosus, Aneurysma in der Orbita? Dissektion?
Lumbalpunktion
- Bei Veracht auf entzündliche, infektiöse Prozesse, Subarachnoidalblutung
Labor
- Abhängig von Verdacht
- TSH: Endokrine Orbitopathie
- Blutzucker, HBA1c
- CRP
- Großes Blutbild mit Thrombozyten
- Gerinnungsanalyse
- Antikörper bei Verdacht auf autoimmune Genese
Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung
Inspektion
- Kopfhaltung
- Abweichen der Augenachsen
Okulomotorikprüfung
- Abwechselnde Fixation mit betroffenem und nicht betroffenem Auge
- Fixation paretisches Auge: Abweichen des gesunden Auges nach unten innen
- Fixation mit gesundem Auge: Abweichen des paretischen Auges nach oben innen
- Abdecktest:
- Bei Abdecken des paretischen Auges verschwindet das weiter außen stehende Doppelbild
- Test dient zur Detektion welches Auge betroffen ist
- Blickfolgetest
- In Zugrichtung des Auges größter Abstand der Doppelbilder (Blick unten innen)
Therapie
- Abhängig von Ursache Behandlung der Grunderkrankung
- Prismengläser
Differenzialdiagnose
- Skew deviation
- Strabismus sursoadductorius
- Endokrine Orbitopathie
- Okuläre Myasthenie
- Okuläre Myositis
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